@Leon96
Bei wieviel U/min ist deiner Meinung nach der ideale Schaltpunkt? Ich schalte am liebsten bei ca. 2500 U/min.
Das ist ausführlich gar nicht so einfach zu erklären.
Ich habe es vereinfacht mal versucht und mir viel Mühe gegeben.
Was als Grundwissen 1x wichtig ist ist folgendes:
- Der Wirkungsgrad eines Otto-Verbrennungsmotors bei einem fixen Drehzahlwert ist immer bei der höchstmöglichen Last die ohne ein Anfetten des Motors möglich ist am höchsten.
- Die sparsamste Geschwindigkeit hingegen ist die im höchsten Gang bei niedrigstmöglicher Drehzahl.
Aus den 2 Fakten ergibt sich, dass der ideale Schaltzeitpunkt von 2 Dingen abhängig ist.
(falls hier noch nicht klar ist was ich meine, das ergibt sich dann hoffentlich im weiteren Verlauf)
1) Will ich gerade eine konstante Geschwindigkeit fahren?
2) Will ich gerade beschleunigen und habe mein Zieltempo noch nicht erreicht?
Zu 1)
Wenn ich eine fixe Geschwindigkeit einhalten muss nehme ich den höchsten Gang bei dem der Motor noch sauber ohne größere Vibrationen läuft.
Das heißt in der Praxis bei konstanter Geschwindigkeit in der Ebene:
Im 4.Gang und 5.Gang fahre ich wenn die Drehzahl dabei noch über 1.400u/min liegt.
Von Gang 1-3 bei sehr niedriger Last gehen auch niedrigere Drehzahlen bis 1000u/min ohne Probleme.
Sehr wichtig:
Wenn man aus niedriger Drehzahl beschleunigen muss oder in eine Steigung reinfährt auf das Gefühl hören.
Ich würge z.b nicht das Auto bei 1400u/min plötzlich ne 5% Steigung hoch nur weil es geht.
Sondern schalte dann einen Gang runter.
Zu 2)
Der perfekte Schaltzeitpunkt beim Beschleunigen ist schwieriger.
Saab hatte nie ein Muscheldiagramm veröffentlicht.
Konkret:
Alle Leute die eine Ladedruckanzeige in ihrem Saab 9-5 haben:
Die Ladedruckanzeige im Saab 9-5 zeigt nicht den Ladedruck an. Sondern die Luftmasse.
Bei 530mg/c Luftmasse ist der Übergang von weiß auf gelb in der Anzeige. (egal of Softturbo oder Aero)
Bei über 600mg/c wird angefettet im unteren Drehzahlbereich bis 3000u/min. (egal ob Softturbo oder Aero)
Ideal ist es während dem Beschleunigen so zu fahren, dass geradeso nicht angefettet wird.
Wichtiges Wissen:
Den besten Wirkungsgrad hat man in dem Punkt, wo am wenigsten Kraftstoff für das erzeugen von 1kwh Leistung benötigt wird.
In speziellen Muscheldiagrammen wird dies in (Gramm Kraftstoff / KWh) gemessen.
Der Wirkungsgrad ist bei einer gewissen Drehzahl immer bei der höchsten möglichen Last die ohne ein Anfetten des Motors gefahren werden kann am höchsten.
Von den Zahlen den besten Wirkungsgrad erzielt man dabei grob zwischen 1.700-2.600u/min kurz vorm Anfetten beim Otto-Motor.
Das Drehzahlfenster des besten Wirkungsgrades ist da tatsächlich oft recht groß.
Wie wir in der folgenden Grafik sehen können.
Diese Werte die dort stehen sind Gramm Kraftstoff zum Erzeugen von einer KWh Leistung.
Die eine Achse ist Last, die andere Achse ist Drehzahl.
Der Motor ist ein 1.8T-Motor aus dem VAG-Konzern.
Turbomotoren verhalten sich aber ähnlich.
Der Wirkungsgrad ist wie zu sehen im relativ hohen Lastbereich bei niedrigerer Drehzahl ideal und dies in einem doch überraschend größeren Drehzahlbereich.
Und dieser Lastbereich ist immer da, wo der Motor geradeso noch nicht anfettet.
Bei Saab 9-5 mit Ladedruckanzeige heißt das also etwa 1 Nadelbreite im gelben Bereich
Wie wir am Anfang gelernt haben ist ein Motor unterm Strich am sparsamsten im höchsten Gang bei der niedrigsten möglichen Drehzahl.
Am effizientesten nutzt ein Motor den Kraftstoff aber unter Last aus.
Diese beiden Dinge bringen viele Leute sehr einfach und oft durcheinander.
Daraus ergibt sich für die Praxis:
Wenn man maximal sparsam fahren will sollte man möglichst zügig seine Endgeschwindigkeit erreichen!
Damit man möglichst früh im höchsten Gang angelangt und dort bei niedrigstmöglicher Drehzahl fahren kann. Weil der höchste Gang bei niedrigster Drehzahl bei Konstantfahrt am sparsamsten ist.
Wenn ich beim beschleunigen Angst habe das Gaspedal zu berühren, mit gaaaaaanz gaaaaaaanz wenig Last seeeehr langsam beschleunige und ganz früh schalte bei 1.900u/min und das Gaspedal nur extrem zart streichel bin ich sehr lange sehr ineffizient am beschleunigen bis ich irgendwann dann mal den 5.Gang erreicht habe.
Das ist ein Denkfehler den viele Leute in ihrem Kopf haben.
Wenn unser Saab-Motor so ein Muscheldiagramm hätte wie die VAG-Motoren mit 1.8 Turbo, dann wäre es ideal zügig im Drehzahlbereich von 1.800-2.500u/min zu beschleunigen.
Und dabei von der Last laut Ladedruckanzeige etwa eine Nadelbereite im gelben Bereich zu sein. Um zügig seine Zielgeschwindigkeit zu erreichen.
Ich denke mal, dass diese 1800-2500u/min bei den 2.0t auch der beste Drehzahlbereich sein wird. Bei den 2.3t und 2.3T vielleicht 50-100u/min früher.
(Tipp aus dem Alltag: Wenn man jemanden vor sich hat der sehr sehr langsam beschleunigt;
dann ist es natürlich besser statt mit sehr wenig Last bis 2.500u/min zu drehen deutlich früher zu schalten. Um weniger Drehzahl aber dafür wieder mehr Last zu haben.
Der Verbrauchskiller beim Beschleunigen ist wie wir im Diagramm gesehen haben nämlich nicht die Drehzahl. Sondern die fehlende Last. Oder natürlich zu viel Last wie z.b Pedal am Bodenblech.)
In dem Muscheldiagramm da oben kann man z.b auch sehr schön sehen, warum bei einer konstanten Geschwindigkeit der höhere Gang der sparsamere Gang ist.
Auch da spielt wieder die Last eine Rolle.
Wenn wir 70km/h fahren müssen an den Rädern 12PS ankommen.
Egal in welchem Gang wir fahren.
Als fiktives Beispiel fahren wir jetzt mal im 4.Gang
Dann haben wir als Beispiel 2.000u/min und einen effektiven Mitteldruck von 4bar.
(Man kann die Werte für den Mitteldruck anhand Drehzahl, Hubraum und nötiger Leistung auch aufwändig ganz genau berechnen, aber als Beispielrechung nur zum zeigen des Prinzips anhand der Grafik sollte das auch so taugen)
Wir brauchen wenn wir in das Diagramm reinschauen 350 Gramm Kraftstoff um 1KWh Leistung zu erzeugen.
Wenn wir in den 5.Gang schalten brauchen wir noch immer diese 12PS.
ABER: Die Drehzahl sinkt auf 1.500u/min.
Weil die Drehzahl sinkt brauchen wir für die gleiche Leistung aber mehr Mitteldruck.
Wenn die Drehzahl 25% sinkt liegt der Mitteldruck 33% höher.
Also bei 5,3bar. Wir haben also weniger Drehzahl und dafür mehr Last.
Und mit mehr Last wird der Wirkungsgrad besser! Insbesondere in dem Bereich wo man nur wenig Leistung braucht.
Wenn wir jetzt nochmal in das Diagramm schauen sehen wir:
Um 1kwh an Leistung zu erzeugen benötigen wir nur noch 310g Kraftstoff statt 350 Gramm.
Das ist also deutlich weniger.
Wenn wir uns das jetzt nochmal durch den Kopf gehen lassen erklärt sich z.b auch eine weitere Sache!
Und zwar das Phänomen der Verbräuche von modernen Autos!
Und der Downsizing-WAHN.
Weniger Hubraum = mehr Mitteldruck
Weniger Drehzahl durch sehr lange Übersetzungen = mehr Mitteldruck für gleiche Leistung
Moderne Benziner sind oft Downsizing-Motoren mit sehr langer Übersetzung.
Diese Autos sind in der Stadt oder auch im Landstraßentempo extrem sparsam.
Das liegt daran, dass diese bereits beim erzeugen von relativ wenig Leistung einen sehr guten Wirkungsgrad erreichen. Unsere alten 9-5er mit mehr Hubraum und kürzerer Übersetzung erzielen diesen Wirkungsgrad bei dieser niedrigen Last aber noch nicht.
Darum sind moderne Benziner in der Stadt und auf der Landstraße auch so sparsam.
Und brauchen oft mehrere Liter weniger als ihre alten Vergleichsmodelle.
ABER:
Wenn die Geschwindigkeit höher wird steigt der Wirkungsgrad der Downsizing-Motoren nicht mehr.
Der Wirkungsgrad der alten Autos die bei wenig Last so ineffizient waren steigt aber schon.
Das führt dazu, dass ein modernes Auto in der Stadt locker mal 2-3 Liter weniger braucht.
Bei Tempo 90 auf der Landstraße 2 Liter weniger braucht.
Bei Tempo 140 dann aber vielleicht nur noch 0,5-1 Liter.
Es wird bei Downsizing ja permanent geschimpft es ist nicht sparsam.
Wenn man sich aber genau anschaut WANN geschimpft wird, dann ist das zu 99% immer auf der Autobahn bei höheren Tempo.
Aber wie man an diesem Beispiel sieht, die Physik lässt sich nicht verarschen sondern hat auch gewissermaßen irgendwann ihre Grenzen.
Ich finde Downsizing trotzdem nicht schlecht.
Denn gewissermaßen werden dadurch die Grenzen erweitert.
Die Autos werden bei wenig Last sparsamer.
Und sehr viele Leute fahren nunmal viel in der Stadt, viel auf der Landstraße und wenig Autobahn.
Und in den Bereichen sparen moderne Autos dann oft recht viel Kraftstoff.
Einige moderne Benziner kann man in der Stadt mit 8 Liter fahren.
Beim 9-5 hingegen ist das eine Utopie.
So viel zu meiner Erklärung.
Die ganze Geschichte mit dem optimalen Schaltzeitpunkt ist ja nur ein Aspekt des effizienten und sparsamen Fahrens. Und auch ein eher kleiner.
Faktoren wie die Fahrweise machen natürlich mehr aus.
ABER:
Viele kleine Bausteine ergeben am Ende auch eine nette Summe.
Auch bei der Fahrweise gibt es da noch viel zu holen.
Abgesehen von einer vorausschauenden Fahrweise gibt es da auch noch hier und da kleine Tricks und Kniffe wie man zusätzlich hier und da nochmal 1-2% sparen kann.
Ich wette wenn hier 100 Leute aus dem Forum mit einer schon sparsamen Geschwindigkeit von 100-120km/h auf der A2 von Herford bis Hannover fahren.
Werden 99 Leute ziemlich genau gleichviel brauchen.
Ich aber 2% weniger.
Trotz exakt identischer Fahrzeit.
Leider habe ich immer nicht so viel Zeit um mir da mal ne Stunde zu nehmen um es zu erklären. Auch weil es am Ende immer nur recht wenige Leute interessiert.
Reden statt schreiben ist da manchmal einfacher.
In diesem Sinne.
Ich hoffe es war hilfreich!