aero84
fat middle aged man
- Registriert
- 29. Apr. 2003
- Beiträge
- 14.205
- Danke
- 1.794
- SAAB
- 900 I
- Baujahr
- 1985
- Turbo
- FPT
Prolog
Die Ohren schmerzen. Ich sitze in einem weißen Lieferwagen, hinter der Sitzbank das Gepäck und die letzen fünfeinhalb Monate meines Lebens. Rechts neben mir lehnt Oberleutnant X. den Kopf schief an die Lehne und döst vor sich hin. Vorne dröhnt der Diesel und zieht den Wagen in die Nachmittagssonne.
Unser Fahrer kneift die Augen zusammen und verflucht die Sonnenblenden. Ich versuche zu schlafen, aber der Druck auf dem rechten Ohr hält mich wach. Wahrscheinlich hätte ich gar nicht fliegen dürfen. Dabei hatte ich von der Erkältung kaum etwas gemerkt, als ich heute Vormittag über die geöffnete Heckklappe in die Maschine geklettert war.
Rechts auf den Transportschienen verzurrt die Palletten mit unserem Gepäck. An den Kabinenwänden die Sitzbank aus Segeltuch. Ich sitze in der Mitte. Das Flugzeug hat eine Drei-Zonen-Klimatisierung: vorne ist es heiß, in der Mitte erträglich, und im Heck arschkalt. Die erste Turbine läuft an, dann die Zweite. Vibrationen laufen durch die Kabine, es wird laut. Quietschend hebt sich die Hecktür an, Sarajevo verschwindet hinter dem grünen Boden und dem matten Glänzen der Transportschienen. Ein kleiner Spalt bleibt offen.
Wir schnallen uns so gut es geht fest, um im Steigflug nicht durch die Maschine zu rutschen.
Ich starre die gegenüberliegende Kabinenwand an. Die Querspanten liegen frei. Zwischen den Spanten hängen Kevlarmatten. Manchmal haben sie Fenster, damit man an die Hydraulikleitungen dahinter kommt. Ein paar Bullaugen, so hoch, daß man nur den Himmel oder das Schimmern der Brechung des Plexiglases sieht.
Ein leises Rucken, das Bild im Heckklappenspalt bewegt sich. Der Berg schiebt sich durch den Spalt zur Seite. Einen Augenblick kann ich das Flughafengebäude sehen, dann wieder Hänge mit Häusern aus unverputzten roten Hohlziegeln.
Mit zwei Fingern fische ich das Döschen aus der Tasche des linken Ärmels. Ich rolle den Gehörschutz kegelförmig zusammen, bis das eine Ende eine absolute Spitze ist. Übergabe des Schaumgummis an die linke Hand. Die rechte Hand greift über den Kopf und zieht das linke Ohr nach oben. Gehörschutz einführen. Während ich darauf warte, daß er aufquillt, formt die rechte Hand den nächsten Kegel. Hand über den Kopf, Gehörschutz reinschieben, warten.
Es wird lauter. Die Turbinen brüllen auf, das Flugzeug ruckt in den Bremsen. Das Schlagen der Propeller wird zum Dröhnen. Der Hang verschindet, klackend schließt die Klappe vollständig. Alles dröhnt und wackelt. Ich sehe mich um, die meisten haben den Kopf ans Segeltuch gelehnt, die Augen halb geschlossen; halb schauen Sie geradeaus. Das Brüllen der Maschinen steigert sich zum Pfeifen, ein kurzer Ruck zur Seite, dann geht der Fahrstuhl nach oben.
Gleich muß sie runterfallen. Es ist unmöglich, daß sie oben bleibt. Das geht einfach nicht. Während der Verstand rebelliert bleibt die grünschwarze Hummel in der Luft stehen, die Nase steil zum Himmel gereckt, und schmerzhaft langsam drückt sie sich immer weiter nach oben. Eine lange Bierflasche dauert es, bis sie spielzeugklein geworden aus dem Talkessel entschwindet.
Zwei Wochen noch, dann kommt meine Ablösung. Ein Monat, und ich werde selber in dieser Hummel sitzen, die aus irgendeinem unerfindlichen Grund doch nicht herunterfallen wird. Zwei Monate, und ich werde Urlaub haben...
Keiner von uns hat etwas gesagt. Es wird einige Zeit dauern, bis wir vom Container klettern.
Die Ohren schmerzen. Ich sitze in einem weißen Lieferwagen, hinter der Sitzbank das Gepäck und die letzen fünfeinhalb Monate meines Lebens. Rechts neben mir lehnt Oberleutnant X. den Kopf schief an die Lehne und döst vor sich hin. Vorne dröhnt der Diesel und zieht den Wagen in die Nachmittagssonne.
Unser Fahrer kneift die Augen zusammen und verflucht die Sonnenblenden. Ich versuche zu schlafen, aber der Druck auf dem rechten Ohr hält mich wach. Wahrscheinlich hätte ich gar nicht fliegen dürfen. Dabei hatte ich von der Erkältung kaum etwas gemerkt, als ich heute Vormittag über die geöffnete Heckklappe in die Maschine geklettert war.
Rechts auf den Transportschienen verzurrt die Palletten mit unserem Gepäck. An den Kabinenwänden die Sitzbank aus Segeltuch. Ich sitze in der Mitte. Das Flugzeug hat eine Drei-Zonen-Klimatisierung: vorne ist es heiß, in der Mitte erträglich, und im Heck arschkalt. Die erste Turbine läuft an, dann die Zweite. Vibrationen laufen durch die Kabine, es wird laut. Quietschend hebt sich die Hecktür an, Sarajevo verschwindet hinter dem grünen Boden und dem matten Glänzen der Transportschienen. Ein kleiner Spalt bleibt offen.
Wir schnallen uns so gut es geht fest, um im Steigflug nicht durch die Maschine zu rutschen.
Ich starre die gegenüberliegende Kabinenwand an. Die Querspanten liegen frei. Zwischen den Spanten hängen Kevlarmatten. Manchmal haben sie Fenster, damit man an die Hydraulikleitungen dahinter kommt. Ein paar Bullaugen, so hoch, daß man nur den Himmel oder das Schimmern der Brechung des Plexiglases sieht.
Ein leises Rucken, das Bild im Heckklappenspalt bewegt sich. Der Berg schiebt sich durch den Spalt zur Seite. Einen Augenblick kann ich das Flughafengebäude sehen, dann wieder Hänge mit Häusern aus unverputzten roten Hohlziegeln.
Mit zwei Fingern fische ich das Döschen aus der Tasche des linken Ärmels. Ich rolle den Gehörschutz kegelförmig zusammen, bis das eine Ende eine absolute Spitze ist. Übergabe des Schaumgummis an die linke Hand. Die rechte Hand greift über den Kopf und zieht das linke Ohr nach oben. Gehörschutz einführen. Während ich darauf warte, daß er aufquillt, formt die rechte Hand den nächsten Kegel. Hand über den Kopf, Gehörschutz reinschieben, warten.
Es wird lauter. Die Turbinen brüllen auf, das Flugzeug ruckt in den Bremsen. Das Schlagen der Propeller wird zum Dröhnen. Der Hang verschindet, klackend schließt die Klappe vollständig. Alles dröhnt und wackelt. Ich sehe mich um, die meisten haben den Kopf ans Segeltuch gelehnt, die Augen halb geschlossen; halb schauen Sie geradeaus. Das Brüllen der Maschinen steigert sich zum Pfeifen, ein kurzer Ruck zur Seite, dann geht der Fahrstuhl nach oben.
Gleich muß sie runterfallen. Es ist unmöglich, daß sie oben bleibt. Das geht einfach nicht. Während der Verstand rebelliert bleibt die grünschwarze Hummel in der Luft stehen, die Nase steil zum Himmel gereckt, und schmerzhaft langsam drückt sie sich immer weiter nach oben. Eine lange Bierflasche dauert es, bis sie spielzeugklein geworden aus dem Talkessel entschwindet.
Zwei Wochen noch, dann kommt meine Ablösung. Ein Monat, und ich werde selber in dieser Hummel sitzen, die aus irgendeinem unerfindlichen Grund doch nicht herunterfallen wird. Zwei Monate, und ich werde Urlaub haben...
Keiner von uns hat etwas gesagt. Es wird einige Zeit dauern, bis wir vom Container klettern.