Sehe ich anders.
Wie leicht ein Auto einzuparken ist hängt nicht von dessen Größe ab. Es ist davon sogar völlig unabhägig. Wichtig ist ein möglichst geringer Wendekreis, eine vernünftige Übersichtlichkeit (große Fensterflächen!), sowie eine möglichst parallel zum Boden verlaufende Fensterlinie. Wenn man das jeweilige Ende von Motorhaube und Kofferaumdeckel erahnen kann ist das auch hilfreich. Für ein kleines, schmales Auto wird sich schneller eine Parklücke finden lassen, in die das Auto rein physikalisch hereinpaßt; ob man in diese Lücke dann jedoch auch einfach herein- und wieder aus ihr herauskommt ist eine ganz andere Sache. Damit,
dat Schneewittchen einzuparken tue ich mich nach fast 8 Jahren und 260.000km immer noch schwerer als nach der ersten Woche mit dem
Klimawandler - und das, obwohl der 900 gefühlt nur halb so groß und breit ist.
Ich kann mir auch hier nicht den Verweis auf die äußerst amüsante Begebenheit erinnern, als meine Beinahe-Schwägerin ihren Twingo I nicht in eine Parklücke bekam, in die ich den
Sportunimog einfach so reinstellen konnte. (Gut, "einfach so" ist übertrieben. Ich habe genau 37 Züge gebraucht. Aber es ging - und ich hatte keine andere Wahl. Auf "Das machst Du nie!" ist man als Mann ja gesetzlich verpflichtet mit dem Beweis des Gegenteils zu reagieren. Zur Ehrenrettung der Beinahe-Schwägerin sei angemerkt, daß ich am nächsten Tage dieselbe Parklücke noch einmal mit dem Twingo versucht habe - und ebenfalls gescheitert bin.)
Der 931-Sauger erscheint mir als unbeteiligtem Außenstehenden allerdings kostentechnisch auch etwas beherrschbarer.
Warum nicht? Angst vor der Motorleistung? Daß ein Fahranfänger kein leistungsstarkes Auto in die Finger bekommen solle, diese Meinung hält sich zielich hartnäckig. Sie ist aber völlig unbegründet. Denn um sich oder andere totzufahren reicht auch eine winzige Klapperkiste mit 50 PS. Die wird auch schnell genug, daß man sich damit auf einer Landstraße tödlich um einen Alleebaum wickeln oder in den Gegenverkehr einschlagen kann. Und um einen Fußgäger in der Stadt umzubringen reichen 50km/h auch aus.
Aus eigener Erfahrung und Beobachtung empfehle ich daher das absolute Gegenteil: das Beste Auto für einen Fahranfänger ist ein angemessen dick benzinmotorisiertes Schlachtschiff, dessen Wartungs- und Kraftstoffkosten der Fahranfänger selber zu tragen hat.
Denn wie wir autofahren wird tatsächlich vom Auto beeinflußt, beziehungsweise davon, wie wir uns fühlen. Wer sich nicht wohl fühlt, ängstlich und angespannt ist, sich von anderen Verkehrsteilnehmern bedrängt fühlt, der wird deutlich schlechter fahren als der Fahrer, der sich wohl fühlt und mit sich, seinem Auto und dem Rest der Welt im Reinen ist. Wie ausgeprägt dieser Effekt ist ist wohl von Mensch zu Mensch verschieden, aber der Wirkmechanismus wird wohl nicht bestritten werden können. Zur Verdeutlichung stelle man sich jetzt folgendes vor:
a) Man sitz in einem niedrigmotorisierten Kleinwagen. Graues, häßliches Hartplastik, alles fühlt sich fragil an. Auffahren auf die Autobahn wird zum Abenteuer, den Nähmaschinenmotor jagt man in den Begrenzer und schafft es dann am Ende des beschleunigungsstreifens gerade so zwischen zwei Lkw, wobei der hintere immer noch schneller ist als man selbst, vom Gas gehen muß und das mit dem Aufblenden seiner acht Zusatzscheinwerfer und ohrenbetäubender Hupe quittiert. Dann hockt man zwischen zwei 40-Tonnern eingepfercht auf der rechten Spur und kommt da nicht mehr raus, denn um in die Lücken auf der Mittelspur zu springen reicht die Leistung nicht aus. Von 90 auf 130 dauert zwei Ewigkeiten... Zum Glück nur noch drei Abfahrten, dann gehts runter von der Autobahn und auf die Landstraße. Im Mittelgebirge muß man jeden Gang ausdrehen, trotzdem klappen manchmal die Anschlüsse nicht, weil man beim schalten soviel Geschwindigkeit verliert daß man im nächsten Gang verhungert. Geschafft, wir sind oben. Und jetzt ist da noch dieser Scheißtraktor vor einem. Zum Glück kommt gleich eine kurze Gerade...
b) Endlich fertig! Das hatte ja wieder ewig gedauert. Jetzt nichts wie weg hier. Ah, da vorne steht der Wagen. Irgendwie ist diese Form ja doch zeitlos. Lautlos gleiten die Pinnökel der pneumatischen Zentralverriegelung nach oben. Man läßt sich in weiches Leder fallen und zieht die Tür zu. Aus unerfindlichen Gründen drängt sich kurz das Bild einer zuschwingenden Tresortür auf, aber der Gedanke verfliegt wieder. Es riecht nach Leder und Holz. Willkommen zu Hause. Der Blick schweift über das Armaturenbrett, streift die Schrankwand aus Wurzelholz, gleitet kurz über die ledernen Türverkleidungen und schingt sich zur Motorhaube auf. Da vorne, ewig weit, strahlt der Stern.
Ausatmen. Der Achtzylinder erwacht mit einem kräftigen Fauchen zum Leben, raucht ein paar Sekunden mit leicht erhöhter Leerlaufdrehzahl, um dann fast unhörbar leise vor sich hin zu rauschen. Mit dem charakteristischen Wubbeldubb, das nur Wählhebel und Kulisse eines alten Mercedes zustandebringen ist die Fahrstufe D eingelegt. Wenn man den Fuß von der Bremse nimmt, rollt der Wagen ganz sanft an...
Ich ertappe mich heute noch dabei, wenn ich ausnahmsweise mal den Nissan Micra K11 meiner Mutter bewege, damit trotz meiner mittlerweile gut 700.000km Fahrpraxis genauso zu fahren wie der typische Fahranfänger. Zum anderen hatte ich mir als Fahranfänger einen 900 turbo 16S gekauft (175PS waren damals noch eine Ansage...) und war damit offenbar so gesittet unterwegs, daß der Job des Wochenendausgehtaxifahrers immer an mir hängenblieb. Und niemals war ich langsamer und zuvorkommender im Straßenverker unterwegs als mit dem Klimawandler und seinem 5,5-Liter-V8. Man könnte ja, wenn man wollte, also hat man es gar nicht nötig.
Auch hier möchte ich noch einmal meine Beinahe-Schwägerin erwähnen: mit der fuhr man nicht gerne mit. Sie war am Steuer ängstlich und nervös, fuhr erratisch - kurz: wirklich schlecht. Nicht böswillig schlecht, sondern unfähig-schlecht. War der Twingo allerdings mal wieder kaputt und war sie mit einer der E-Klassen ihrer Eltern unterwegs (zur Auswahl standen ein w124 und ein w210), so konnte dasselbe blonde Mädchen plötzlich autofahren. Ganz tiefenentspannt und souverän, weit vorausschauend und sicher. Und beim einparken das Schiff ganz gelassen in einem Zug rückwärts in die Lücke gestellt.
Geht also nicht nur mir so.
Der nächste wichtige Faktor sind die Kosten. Das ist auch der Grund, warum ich den Bezinmotor oben zur Betonung kursiv gesetzt habe. Starke Benzinmotoren in nicht ganz leichten Autos haben nämlich die angenehme Eigenschaft, sinnlosen Stadtverkehr, aber aggressive Fahrweise um so mehr mit grotesk eskalierenden Verbräuchen zu ahnden.
Ein Kleinwagenbenziner läßt sich, vernünftig (was schwer fällt) gefahren, mit fünf bis sechs Litern bewegen. Wenn man ihn tritt nimmt er acht bis neun. Nicht schön, aber noch verkraftbar. Bremsenverschleiß hält sich mangels Gewicht auch in Grenzen. Tritt man dagegen ein benzinmotorisiertes Auto der oberen Mittel- oder Oberklasse, dann laufen da ganz schnell fünfzehn bis fündundzanzig Liter durch. Zwei Tonnen jedesmal sinnlos zu beschleunigen kostet halt Sprit, und sie sinnlos wieder zusammenzubremsen kostet - Bremsen. Das tut weh im Portemonnaie. Aber außerorts, sinnvoll gefahren, läßt sich das gleiche Auto dann durchaus mit mehr oder weniger deutlich unter zehn Litern bewegen. (Ok, bei einer achtzylindrigen S-klasse sind zehn die Untergrenze. Aber einen BMW-Sechszylinder oder einen Saabturbo kriegt man locker auf acht runter.) Spätestens nach der Dritten Tankfüllung hat unser Fahranfänger dann begriffen, daß vorausschauendes gleiten der Gesundheit seines Geldbeutels deutlich zuträglicher ist. Sparsames fahren ist vorausschauendes fahren, und vorausschauendes fahren ist sicheres Fahren!
Ich kenne niemanden, der in seiner Jugend Zugriff auf überdurchschnittlich motorisierte Autos hatte, der jemals in seinem Leben einen Unfall aufgrund zu hoher oder unangepaßter Geschwindigkeit verursacht hat. Von denen, die mit typischen Fahranfängerautos begannen, gab es dagegen einige.
Gegen einen 9-5 als Fahranfängerauto sprechen einige Gründe. Zum Beispiel seine technische Fragilität und die im Schadensfall schnell grotesk eskalierenden Werkstattkosten, wenn man den überhaupt eine kompetente Werkstatt in der Umgebung findet. (Diese Gründe halten auch mich als Nicht-Fahranfänger vom 9-5 ab.) Da sind einige andere Fahrzeuge deutlich berechenbarer und einfacher. Aber Größe und Motorleistung sind
keine Gründe, die gegen einen 9-5 als erstes Auto sprechen.