Route des Grandes Alpes

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09. März 2008
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SAAB
9-5
Baujahr
2000
Turbo
FPT
[FONT=&quot]Liebes Forum,

auf dem Heimweg von Ligurien (Italien) nach Hamburg hatte ich in diesem Spätsommer auf Anraten meines alten Herrn ein ganz besonderes Schmankerl eingeplant:
DIE "ROUTE DES GRANDES ALPES"

Zur Historie der Strecke:

(Quelle: Ratgeber Reise ARD)Geboren wurde die Idee vor fast hundert Jahren, zu einer Zeit, als Autofahren noch ein echtes Abenteuer war. Damals waren die Straßen noch staubig, und der Motor musste per Kurbel in Gang gesetzt werden. Im Jahre 1913, als im schweizerischen Graubünden die stinkenden Vehikel noch verboten waren, probte man in Paris bereits die automobile Zukunft. Eine Straße sollte entstehen, quer durch die französischen Hochalpen, vom Genfer See bis hinunter zum Mittelmeer – die „Route des Grandes Alpes“. Die Strecke sollte über die höchsten Pässe der Alpen führen. Als „Dach“ der Route wurde der Col de l’Iseran bestimmt - erst 1937 konnte dieser schwierigste Streckenabschnitt eingeweiht werden.

Daten zur Strecke:
Ich bin die Strecke von Süden nach Norden gefahren. Dementsprechend überquerte ich die Pässe in folgender Reihenfolge:

Nizza/Menton an der Còte d'Azur 5 m
Col de la Cayolle 2326 m
Col de Vars 2109 m
Col d'Izoard 2380 m
Briancon 1321 m
Col du Lautaret 2058 m
Col du Galibier 2648 m
Col de I'Iseran 2770 m[/FONT]

[FONT=&quot]Modifiziert:[/FONT][FONT=&quot]
Col Pt. St. Bernard 2188 m
Col Grd. [/FONT][FONT=&quot]St. Bernard 2469 m
Ziel Hotel du Grande St. Bernard in Liddes[/FONT]

[FONT=&quot]
[/FONT]Steigungen:

[FONT=&quot]Col de I'Iseran 12 %,
Col du Galibier 15 %,
Col du Lautaret 10 %,
Col d'Izoard 12 %,
Col de Vars 12 %,
Col de la Cayolle 11 %.[/FONT]



[FONT=&quot]Länge: etwa 900 km und mehr als 12000 Höhenmeter.[/FONT]
[FONT=&quot]Dauer: je nach Veranlagung und Vehikel zwischen 12 Stunden und 3 Tagen.[/FONT]

picture.php



[FONT=&quot]Da mir bereits vorher prophezeit wurde, dass die Route sicherlich 12 Stunden und mehr dauert (mein Vater ist die Route mit dem Motorad in den 80ern gefahren) war die Abfahrt morgens dementsprechend früh geplant und immer noch zu spät, wie sich am Ende herausstellte.[/FONT]
[FONT=&quot]Der Saab war bereits gepackt, die Flüssigkeiten, Reifen und Bremsen geprüft, Scheiben gesäubert, so konnte es losgehen. Der Aero hatte zuvor in Deutschland neue Bremsen erhalten (308er von Meyle samt Belägen). Es gab eigentlich keine bessere Strecke, um dieses Fabrikat mal grundlegend auf Qualität zu überprüfen.[/FONT]
[FONT=&quot]Nach einem verregneten Start in Imperia ging es entlang an der Riviera bis nach Menton in Frankreich. Es folgte die erste Ernüchterung, die nicht zuletzt auf französische Autobahnbeschilderung zurückzuführen war. Ergebnis: Ausfahrt verpasst! Der Autobahn überdrüssig gings dann auf dem Landwege zurück nach Menton, wo die Tour begann. Auf dem Antritt zum ersten Paß, dem Col de la Cayolle, verflog durch Gottesfügung der Regen und gab die Alpen zu einem unglaublich schönen spätsommerlichen oder frühherbstlichen Erlebnis frei. Und auch ich meinte schon vorher Alpenpässe gefahren zu sein. Aber bereits der erste Paß hat mir schon einiges an Kurbelei und Aufmerksamkeit abverlangt. Entgegen vieler Paßstraßen sind die meisten Wege der Route des grandes Alpes seitlich unbefestigt. Wenn man beim Verlassen der Fahrbahn nicht genau einen der in etwa 10 Meter Abstand stehenden Markierungssteine trifft kann man die Frage "ob denn Saab irgendwann mal wieder ein Traumauto bauen wird, welches es lohnt zu kaufen" getrost zurückstellen, da man die Verselbständigung des Vehikels sicher nicht überleben würde.
Ungeachtet dieser Tatsache, die man sich besser nicht vor Augen führt, bereitete mir der Aero aber so viel Freude, dass jede Kurve und jede Steigung eine beglückende Herausforderung anbot. Und vorweg: Auf der gesamten Strecke begegnete ich etwa 20 Auto, was für 13 Stunden Fahrt nicht gerade viel ist ....
Vorbei an Schluchten, Wasserfällen, alpiner Vegetation erreichten wir den ersten Paß (col de la cayolle) und waren eigentlich schon glücklich genug. Die Tatsache und Überlegung, dass dies etwa erst ein Zehntel der gesamten Tour war stimmte uns trotz der bevorstehenden Anstrengung wohlgemut.[/FONT]

[FONT=&quot]Nach kurzer Rast ging‘s dann weiter zur nächsten Etappe. Und bei der Abfahrt vom ersten Paß war ich auf die Bremsen gespannt. Knapp 2 Tonnen wollen ja auch gebremst werden bei 12% Gefälle. So lies ich es erst ein wenig ruhiger angehen und versuchte eine vernünftige Kombination aus Motorbremse Bremssystem und Fahrspass zu finden. Dann war‘s aber irgendwann vorbei mit den bremsenschonenden Vorsätzen. Die Beifahrerin krallte sich in die Sitze und ich lies den Aero mal vernünftige Gebirgsluft verbrennen. Und ich kann mit Recht und Fug sagen, die Bremsen sind ein echter Fortschritt. Ich will sie sicherlich nicht mit der Hirsch- oder einer Ferodo-Anlage vergleichen. Und ich kann auch nicht sagen woran es genau liegt, da ich Flüssigkeit, Scheiben und Beläge getauscht habe. Aber im Vergleich zu Serienscheibe/Beläge und der 12 Monate alten DOT4 war das ein enormer Unterschied. Sie packt einfach entschiedener wenn auch ein wenig ruppiger zu und gerade das habe ich mir immer gewünscht beim 9-5. Abgesehen davon war das Leergewicht durch 2 Personen und einen komplett gefüllten Kofferraum ergänzt, also durchaus reelle Testbedingungen. Und selbst nach 1700 Höhenmetern bergab hab ich es nicht geschafft die Dinger zum glühen zu bringen. Eigentlich schade…..[/FONT]
[FONT=&quot]Erfreut über die Möglichkeiten der Verzögerung genoss ich bergauf wieder den Antagonisten der Bremse. So mobilisierte der Turbo seine 230 Pferde und pfiff hoch zum nächsten Pass. Rechts und links richteten sich die Murmeltiere auf begutachteten das schwedische Automobil skeptisch. Zurückgepfiffen haben sie aber nicht.[/FONT]
[FONT=&quot]Die Route führt durch Casse Déserte, eine fremdartig aber beeindruckende Landschaft aus zerklüfteten Felsen, Abhängen und Geröll. [/FONT]
[FONT=&quot]Diejenige, die außer dem Turbo noch gepfiffen hat, war dann nach dem zweiten Pass die Beifahrerin, und zwar mich zurück in Punkto Rasanz. Nach einer Pause setzten wir dann die Reise in etwas gezügelter und wesentlich komfortablerer Geschwindigkeit fort. Wenn es auch den rechten Fuß verlockt so ist die Route sicherlich interessanter wenn man ohne Eile dahingleitet. Diese Erkenntnis umgesetzt erreichten wir dann den Col d’Izoard, über den auch die Tour de France führt. An dieser Stelle gebührte mein voller Respekt den Radrennfahrern für sehr lange Zeit. So mancher beklagt sich schon über Gegenwind im Flachland, wenns ums Radfahren geht. Aber durchschnittliche Steigung von 7% und stellenweise eine maximale von 14%, alle Achtung. Vor dem volkshetzenden Televisionsgerät sieht das immer nach recht entspanntem Wiegetritt aus, weit gefehlt musste ich feststellen. Für Radsportbegeisterte gibt’s oben auf dem Pass auch ein kleines verlassenes Museum. Das ist übrigens das einzige, was es dort oben gibt.[/FONT]
[FONT=&quot]Etliche Serpentinen später überraschte mich dann eine herrenlose alpine Kuh-Herde hinter einer uneinsehbaren Kurve. Diese hatte den Asphalt lieb gewonnen und verweilte dort auch standhaft, zu Recht. Obwohl ich kein Hindu bin sind mir Kühe dennoch heilig. So zog ich eine Vollbremsung vor und rettete die Front des 9-5 und nicht zuletzt die Kuh. Es dauerte eine ganze Weile und forderte eine enorme Überrredungskunst, uns zumindest eine enge Gasse zu gewähren. Mit Danksagungen und dem Versprechen, dass wir in den nächsten Monaten nicht mehr vorbeikommen, ließen sie uns passieren.[/FONT]
[FONT=&quot]Bis zum Schluss der Tour sollte uns noch ein beeindruckender Hirsch (In diesem Falle der geweihtragene Paarhufer und nicht ein Schwede aus St.Gallen), eine unendlich große Schafherde, antiauthoritär domestizierte Hühner in einem Bergdorf und ein Rudel junger Kätzchen völlig unbeeindruckt vor die Haube springen. Offenkundig herrscht abseits der Alpenautobahnen noch ein natürliches Verhältnis zwischen Verkehr und Population von Wildtieren, sehr angenehm.[/FONT]
[FONT=&quot]Weiter geht’s zum Col du Galibier hoch auf knapp 2700 Meter über Normalnull, der die Nord- von den Südalpen trennt. Mittlerweile dämmert es gewaltig, was uns etwas in Zeitbedrängnis bringt. Langsam hat sich der Tip zum frühzeitigen Nachtanken als sehr hilfreich erwiesen. Für alle die diese Route mal fahren wollen: Tankt zu Anfang randvoll und spätestens auf ½ nochmals, sobald sich eine Möglichkeit findet. Ich habe danach jedenfalls bis zum Ende keine einzige Tankstelle mehr gesichtet, die gegen Bargeld, EC oder Mastercard Kraftstoff aushändigt. Und ein leerer Tank auf gottverlassenen Straßen in 2600m Höhe ist ein ernsthaftes Problem.[/FONT]
[FONT=&quot]Dennoch geht es weiter über den bekannten Col de I'Iseran in 2700 Metern Höhe, der alle großen Skigebiete, Val D’Isere etc. um sich schart. Beeindruckende Berge, kurze Blicke auf das Masiv des Mont Blanc und hilflose Liftanlagen des Wintersports säumen den imposanten Weg.[/FONT]
[FONT=&quot]Im Grunde endet die Route des Grandes Alpes am Genfer See. Für alle, die also bei Hirsch in St. Gallen vorbeischauen liegt sie vor der Tür. Theoretisch kann man die Hirschperformance sofort bis nach Nizza auf Herz und Nieren überprüfen und auf der Rückfahrt vielleicht doch noch Stage 2 upgraden.[/FONT]
[FONT=&quot]Wir sind dann auf den Weg eines uns bereits bekannten Hotels über den kleinen und großen St. Bernard gebogen und waren nach 13,5 Stunden am Ende der großen Alpenroute in der wallisischen Schweiz. Selten hatte ich Muskelkater in den Schultern und Armen vom Autofahren. Aber jede der geschätzten 1500 Spitzkehren an diesem Tag war es Wert.[/FONT]
[FONT=&quot]Nach zwei Bieren bezogen wir deliriös das Zimmer, genossen die kalte Alpenluft und den Gebirgsbach bei offenem Fenster. In Sekunden fielen wir in komatösen Schlaf.[/FONT]
[FONT=&quot]Am nächsten Morgen halfen uns dann lediglich die Erlebnisse des Vortages über verstopfte und langweilige Autobahnen von Basel bis nach Hamburg. [/FONT]
[FONT=&quot]Dem Aero hat‘s richtig gut gefallen. Und er hat sich bravurös ohne jedweden Ausfall die 12000 Höhenmeter hoch und genauso wieder herunter von seiner sportlich eleganten Seite gezeigt. Als Belohnung bekam er in Hamburg nochmals eine Ölschlamm-Spülung, leckeres Mobil1 und einen neuen Filter spendiert, obwohl das 10000er Intervall längst noch nicht anlag.[/FONT]
[FONT=&quot]Ich kann diese Route nur jedem empfehlen, der Lust auf alpine Fahrgenüsse hat. Gerade für Old- und Joungtimer sowie Cabrios ist es bei guter Witterung ein absolutes Highlight. Offen ist sie von Juni bis zum 15. Oktober. Danach kehrt wieder tiefer Winter ein.[/FONT]
[FONT=&quot]Wir werden die Route bestimmt nocheinmal anders herum fahren, dann aber in 2 Etappen mit Übernachtung. Zum einen sind 14 Stunden hochalpines Autofahren durchaus kräftezehrend und zum anderen kann man dann abseits der Route noch so vieles bestaunen, geruhsam picknicken und vieles mehr. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt.[/FONT]


[FONT=&quot]Kurz um: extreme highly recommended…. Mehr Alpen geht nicht![/FONT]

[FONT=&quot]Liebe Grüße,[/FONT]


[FONT=&quot]Aero-Neuling[/FONT]


[FONT=&quot]P.S. anbei schon mal der Anfang der Fotos. Weitere folgen.....
[/FONT]
 

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sehr schöner Bericht
 
Klasse!
Hast Dir viel Mühe gegeben die Tour zu beschreiben. DANKE!!

FLitzfuss
 
Vielen Dank für den interessanten Bericht und die Anregung - ich möchte schon lange so eine Pässe-Tour machen, weiss aber nicht, ob ich meine Beifahrerin davon wirklich begeistern kann. :rolleyes:
 
Vielen Dank für den interessanten Bericht und die Anregung - ich möchte schon lange so eine Pässe-Tour machen, weiss aber nicht, ob ich meine Beifahrerin davon wirklich begeistern kann. :rolleyes:

Grundsätzlich ist doch der Beifahrerplatz hoffnungslos unterschätzt. Sofern der Chauffeur einen angenehmen Fahrstil hat, dem man voll und ganz vertraut, gibt es nichts schöneres.

Und zumindest diese Route beinhaltet ja nicht nur die Freude am Automobil. Kleine, mittlerweile schick restaurierte Bergdörfer laden zum Kaffeetrinken in der Chocolaterie ein, am Wochenende ein Markt in Barcelonette, viele kleine Festungen und Chateaus und nicht zuletzt die wunderschöne Landschaft, die man immer wieder genießen kann. Am Anfang und Schluß locken dann noch die durchaus sehenswerten Städte Genf, Nizza und nicht weit entfernt Monaco. Gerade der Beifahrer dürfte es also nicht schwer haben, sich für die Route zu begeistern. Voraussetzung ist allerdings dann, den Gewaltritt an einem Tag gegen die mindestens zweitägige Variante einzutauschen.
 
Voraussetzung ist allerdings dann, den Gewaltritt an einem Tag gegen die mindestens zweitägige Variante einzutauschen.

Ist das in den Neuwagen nicht mehr so wie im 901, daß weibliche Wesen spätestens 5 Minuten nach Auffahrt auf die Autobahn selig schlummern?
(Vertrauenswürdiger Fahrer vorrausgesetzt.)
 
....in Deinem Fall wird sie sich schlafend stellen , um einem mehrstündigen Monolog zu entgehen...
 
Du, ich muß Dir mal was über Frauen erzählen: meistens reden die noch mehr als ich. :biggrin:

Insofern klingt Deine These zwar zugegebenermaßen auf Anhieb schlüssig, ist bei näherer Betrachtung aber wahrscheinlich doch nicht zutreffend.
 
Glaubst Du, mir reicht eine?
 
Hast Du so ein Auto?
so von wegen Auslastung Beifahrersitze und so.
fs_simmatrabagh-c.jpg


Interessant wird es sich wenn man in der Mitte sitzt...

BTW: Klasse Strecke!
 
ooh, super Bilder! Das ruft Erinnerungen wach, an einen Studi-Ski-Urlaub in den Dolomiten. Eine der Mitfahrerinnen war extrem pragmatisch veranlagt und hatte auf der letzten Teilstrecke die Karte und Routenbeschreibung inne.
Zitat: "Fahr mal hier von der Autobahn ab, auf dem Zettel steht das wir so 30 km sparen!"
Ich, am Steuer: "Ookay! Alle angeschnallt?"
Leider war es nur ein geliehener VW-Bus, aber das Panorama war trotzdem gigantisch da, Schluchten, Passstraßen, steile Abhänge auf der einen Seite, riesige Felswände auf der anderen, was man sich wünscht. Ich fands toll...:smile:
 
sehr schöner Bericht, da bekommt man richtig Lust auch mal in der Gegend ein Tour zu machen.
 
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