Radbolzen

Super, wir hatten vor einigen Monaten hier eine interessante Diskussion über Radbefestigung.



Dabei behaupteten „Spezialisten“, dass um das Rad an der Nabe fest zuhalten eine Mittenzentrierung dringend erforderlich sei.

Ich meine, die Reibkraft durch die Schraubenvorspannung reicht da völlig aus, die Mittenzentrieung dient ausschliesslich dem besseren Rundlauf.

Und was sagt der Maschinenbauer dazu?

Ich glaub,da hast Du jetzt mich gemeint: Also, ich versuch´s mal mit einer Antwort, ohne jetzt einen großen Thread oder altes Thema neu loszutreten: Die Mittenzentrierung ist - wie der Name schon sagt) eine Zentrierhilfe und damit Montagehilfe. Theoretisch ginge es auch ohne, aber... (siehe weiter unten).
Die gesamte Haltekraft des Rades soll durch die Vorspannkraft der Radschrauben und der daraus resultierenden Reibkraft des Rades auf der Nabe aufgebracht werden. Der Maschinenbauer stellt sich hierzu das Rad als Kupplungsscheibe vor und die Radschaurben als Federn. Um nun genügende Vorspannkraft zu erreichen, muss die Felge den Radschrauben eine ensprechende Auflagefläche bereitstellen, und statt einer Unterlegscheibe oder geraden Fläche nimmt man da i.d.R. den Reibkegel, der den Vorteil hat (Maschinenbauer lieben Mehrfachlösungen), dass er die Zentrierung unterstützt, da er Felgenloch und Nabenloch zueinander positioniert (jedenfalls bei sachgerechter Montage über Kreuz mit zunächst handfest und dann auf Drehmoment).
Nun zum ABER: Tatsächlich ist die Radschraubenverbindung wie jede Schraubverbidnung eine Mischung aus formschlüssig und reibschlüssig. Durch Belastung (axial wie radial, also beim Überfahren des Bordsteins ebenso wie bei Brems-und Beschleuingingsvorgängen) wirken Reaktionskräfte im Reibkegel, die den Bolzen kurzfristig längen (Kräftezerlegung am Reibkegel) und so da zu führen können, dass durch geringfügige und zumeist temporäre Längung der Radbolzen die Gewindereibkraft sich kurzfristig reduziert und in dieser Phase sich der Radbolzen geringfügig lockert. Das kann soweit gehen, dass der Fahrer noch nichts merkt, das Rad nun aber bei weiteren hohen Belastungen tatsächlich ein geringfügiges Spiel auf der Nabe hat (da jetzt - siehe Federmodell, die Federkraft nicht mehr ausreicht, um die Felge splefrei auf der Nabe zu halten (also vergleichbar mit einem kurzen Durchrutschen der Kupplung). In diesem Moment werden im übrigen auch die Radbolzen (zusätzlich zur Querkraft, die durch die Kräfteteilung im Reibkegel beim Anziehen entstanden ist), auf Torsion belastet. Tritt der Fall ein, dass zwischen Rad und Felge kein vollständiger Reibschluss mehr gegeben ist, könnte es zu einer Mittenverschiebung des Rades kommen - und genau dann wirkt die Mittenzentrierung als zusätzliche Stützhilfe und erhält die Redundanz des Systems.
Praktische Auswirkung: Viele fetten ja die Radnabe ein, z.B. vor der Montage von Alu-Felgen, um dort die elektrochemische Kontaktkorrosion zu verhindern. Manche Fahrzeughersteller verbieten dieses, denn gerade die zusätzliche Reibkraft im Zentrierbund der Nabe sorgt zusätzlich dafür, dass sich das Rad eben bei Bremsmanövern nicht verschiebt (in Fahrzeugquerachse) und so zu Fahrinstabilitäten oder aber schlichtes Rattern durch unrunden Lauf in Fahrzeughochachse kommt (Fahrzeug "rattert" beim Bremsen).
So ich, hoffe, dass war jetzt nicht zu sehr "klugscheiß" und wünsche noch einen schönen ersten Advent
Unisaab
 
nein, das war absolut die schlüssige Erklärung, die alles ausdrückt!!!

@Thomas: hast Recht, gemeinsam geht alles besser. Hätte es zwar so oder so irgendwann gemacht nur auf diese Weise ist es erstmal erledigt :biggrin:
 
... Tritt der Fall ein, dass zwischen Rad und Felge kein vollständiger Reibschluss mehr gegeben ist, könnte es zu einer Mittenverschiebung des Rades kommen - und genau dann wirkt die Mittenzentrierung als zusätzliche Stützhilfe und erhält die Redundanz des Systems...
Danke für die verständliche Erklärung.

Dennoch ist die zusätzliche "Stützhilfe" der MZ etwas suspekt.

Ich will mal versuchen, den Gedankengang unseres alten Physiklehrers zu rekapitulieren:
Jede Mittenzentrierung muss etwas Spiel haben ( Grossserientoleranzen, Festrostgefahr etc. )
Würde sich die Schraubverbindung innerhalb dieses Spiels auch nur einen Hunderstel mm bewegen, dann rüttelt sie sich durch die umlaufende Wechselbeanspruchung mit der Zeit unweigerlich frei. Die Mittenzentrierung hilft dann höchstens akustisch durch lauteres Klackern.

Deshalb: eine normale Schraubverbindung muss durch reinen Kraftschluss halten
 
Danke für die verständliche Erklärung.

Dennoch ist die zusätzliche "Stützhilfe" der MZ etwas suspekt.

Ich will mal versuchen, den Gedankengang unseres alten Physiklehrers zu rekapitulieren:
Jede Mittenzentrierung muss etwas Spiel haben ( Grossserientoleranzen, Festrostgefahr etc. )
Würde sich die Schraubverbindung innerhalb dieses Spiels auch nur einen Hunderstel mm bewegen, dann rüttelt sie sich durch die umlaufende Wechselbeanspruchung mit der Zeit unweigerlich frei. Die Mittenzentrierung hilft dann höchstens akustisch durch lauteres Klackern.

Deshalb: eine normale Schraubverbindung muss durch reinen Kraftschluss halten
Hallo Tina: Genau so hatte ich es gemeint. Wenn alles i.O. ist, dann hält das Rad allein durch die Reibkraft zwischen Nabe und Felge (Reibschluss). Nur im Fall einer Lockerung der Radschrauben (warum, habe ich beschrieben) bietet die Mittenzentrierung eine zusätzliche Sicherheit - ist aber wg. de Toleranzen logsicher Weise nicht optimal.. Der Fehler wird übrigens auch gern beim Wuchten gemacht (zumindest beim dynamischen Wuchten im angebauten Zustand): Zunächst sollte das Rad demontiert und montiert werden, um es neu und optimal zu zentrieren und die Radschrauben neu festzuziehen (also die Anpresskraft bei möglichst zentriertem Rad wieder herstellen). Dann erst Wuchten - das weiß der Standardmechaniker nur leider nicht....

Unisaab
 
hier ein Beispiel, das eigentlich ganz deutlich zeigt, dass unisaab vollkommen recht hat mit seiner praxisbezogenen Beurteilung :

der umlaufende Riss im hochfesten Aluminium dieses Spurverbreiterungsringes zeugt ganz eindeutig von einer Belastung am Zentrierring, die die Elastizitätsgrenze überschritten und dadurch den Riss verursacht hat.


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ok, ein allerletzter Versuch der Erklärung :

Und was hat das mit Mittenzentrierung zu tun ?

das mit dem Riss ist die Zentrierung !

Aber technisch begründen wäre wohl besser angebracht ........

weil eben doch Kräfte auf die Zentrierung wirken können, wie es Dir auch unisaab schon zu erklären versucht hat..

wie man sieht leider immer noch ohne Erfolg, ist es denn für Dich wirklich so schwer, einen Irrtum einzugestehen ???

Nach wie vor: ein Rad mit korrekter Vorspannung hält auch ohne Mittenzentrierung.

Für den Riss in der Spurplatte kann es zig Ursachen geben. Z.B. Materialfehler oder hier, wie im Bild zu sehen, ein zu kleiner Radius im Übergang von Scheibe zu Topf. Da ist Kerbspannung vorprogrammiert.

wie soll denn irgendwo Kerbspannung entstehen,
wenn nach Deiner Theorie keine wie immer gearteten Kräfte auf die Zentrierung einwirken können ?
(Da ja die Radschrauben alle Kräfte zuverlässig aufnehmen)

Allein mit dieser Begründung für den Riss hast Du Dich und Dein Wissen ziemlich blossgestellt, sieh es ein und zeig endlich mal wahre Grösse, indem auch Du eine Fehleinschätzung zugeben kannst....
 
Ich erinnere mich, dass eine Nachrüst-Alufelge (mit ABE...) eines früheren Autos mal einen auswechselbaren Zentrierring aus Kunststoff hatte. Die Materialwahl, mit Verlaub, spricht für mich allein schon dagegen, dass diese Zentrierung dafür geschaffen sein könnte, wesentliche Kräfte aufzunehmen.


ich kenne die angesprochenen Zentrierringe nicht und kann daher dazu nur wenig sagen, nur soviel :

Es gibt auch Kunststoffe, die im Vergleich zu Stahl oder Alu durch Ihre Elastizität überlegen sind.....:rolleyes:

denk z.B. an die diversen Nachrüstbuchsen fürs Fahrwerk speziell für den Motorsport !


hier noch einige Beispiele :


  • PE-UHMW: wird beispielsweise für Pumpenteile, Zahnräder, Gleitbuchsen, Implantate und Oberflächen von Endoprothesen verwendet, bei denen es auf besonders leichten Lauf bei geringstmöglichem Abrieb ankommt. Fasern aus PE-UHMW gehören, auf ihr Gewicht bezogen, zu den stärksten bekannten künstlichen Fasern (Dyneema®, DSM). Sie werden als chirurgisches Nahtmaterial verwendet. Sie sind wohl die einzigen bisher bekannten Fasern, welche als Material für einen Weltraumlift im Gespräch sind.
aus : http://de.wikipedia.org/wiki/Polyethylen
 
Hi,
ich kenne diese Kunststoffzentrierringe und würde zur Haltbarkeit derer anmerken, dass die ja nur in der Extremsituation "mehrere Radschrauben lose" halten müssen. Da sich diese Extremsituation durch lautes Klackern und Rütteln im Lenkrad (wenn an der VA) ankündigt, sollte jeden ausreichend Zeit bleiben das Fahrzeug anzuhalten und die Schrauben wieder zu befestigen und ggf. bei Verschleiß am Zentrierring einen neuen zu kaufen. Diese Zeit sollten die Zentrierringe die Kräfte aushalten.

Gruß
Raik
 
Genau so ist es. Es schlagschrauben sich ja nicht gleichzeitig alle Radschrauben um mehrere Umdrehungen gleichzeitig aus dem Gewinde. Somit reicht der Ring allemal aus. Hatte bei nem Polo mal die Ringe nicht mehr von den hinteren Trommeln abbekommen, das brauchte trotz Kriechöl sanfte Gewalt und Angstfreiheit. Die halten schon was aus :cool:
 
Es gibt auch Kunststoffe, die im Vergleich zu Stahl oder Alu durch Ihre Elastizität überlegen sind.....:rolleyes:
Definitiv, sie können dadurch Spannungsspitzen abbauen!

  • Fasern aus PE-UHMW gehören, auf ihr Gewicht bezogen, zu den stärksten bekannten künstlichen Fasern (Dyneema®, DSM). Sie werden als chirurgisches Nahtmaterial verwendet. Sie sind wohl die einzigen bisher bekannten Fasern, welche als Material für einen Weltraumlift im Gespräch sind.
Na ja, aber bitte hier nix vermischen. Dieser Abschnitt bezieht sich auf Zugspannungen, der Zentrierring wird aber auf Flächenpressung belastet. Nicht das es dafür keine Kunststoffe gäbe, ... :tongue:

Flemming
 
... die Materialwahl, mit Verlaub, spricht für mich allein schon dagegen, dass diese Zentrierung dafür geschaffen sein könnte, wesentliche Kräfte aufzunehmen....
Genauso ist es, auch wenn die anderen "Fachmänner" hier technischen Nonsens verbreiten.

Zentrierringe sind eine reine Montagehilfe, sonst nix
Die Radbefestigung erfolgt ausschliesslich durch die Schraubenvorspannung.


Was diese primitiven persönlichen Kommentare betrifft: Saabfahrer waren schon mal geistreicher.:biggrin:
 
Genauso ist es, auch wenn die anderen "Fachmänner" hier technischen Nonsens verbreiten.

Dann erklär mir doch mal folgendes, liebe "Fachfrau" :

1. wie kann die von Dir als Ursache für den Riss zitierte Kerbspannung entstehen. wenn gar keine Kräfte auf den Zentrierring einwirken ??? :confused:

2. Die Kerbspannung entsteht dann sozusagen aus dem Nichts ? was ist die Ursache ?

oder wird gar der Ring flächig so stark gequetscht, dass der aus Protest irgendwo abreisst ? :cool:

Und was hat das mit Mittenzentrierung zu tun ?

3. was hat es mit der Mittenzentrierung zu tun, wenn genau diese einen Riss hat ?

(Du hast hoffentlich inzwischen die Zusammenhänge auf dem Foto erkannt ?)

Deine Antworten / techn. Erklärungen zu 1 - 3 bitte deutlich kennzeichnen, um Mißverständnisse zu vermeiden !


Aber technisch begründen, warum Du andere Beiträge anzweifelst, wäre wohl besser angebracht als billige persönliche Angriffe, oder ?

Dann mach mal, bin schon sehr gespannt auf Deine technisch fundierte Begründung...
 
Liebe Freunde...

Nachdem ich jetzt mehrfach herzhaft gekichert habe, werfe ich einfach mal folgende Dinge in den Raum...
...einfach, damit es hier nicht so langweilig wird... - *diabolisch-grins*

Ist Euch schon einmal aufgefallen, daß beim Montieren der Räder das "mittlere" Felgenloch im Normalfalle *recht-locker-und-leicht* auf den "Nabenring" gesteckt werden kann, dabei zwar *relativ* genau sitzt, es aber dennoch ermöglicht, daß das Rad bei nicht angezogenen Radbolzen schräg von der Nabe runterkippt...?

Ist Euch schon einmal aufgefallen, daß man beim Montieren der Räder das "mittlere" Felgenloch ohne festgezogene Radbolzen einfach bei "12-Uhr" auf die Nabe aufsetzen kann, so daß - würde die Felge beim Loslassen nicht vom Radträger runterkippen - unten ein ganz schmaler, sichelförmiger Spalt entsteht, der sich dann beim Festschrauben der Radbolzen auf einmal auf einen ganz schmalen, recht gleichmäßigen umlaufenden Spalt verteilt...?

Ist Euch schon einmal aufgefallen, daß zwischen Rückseite der Felge und Radträger, wenn dort kein Korrosionsschutz aufgetragen wurde, recht heftige Kontaktkorrosion entsteht - die im schlimmsten Fall dazu führt, daß beim Abnehmen der Räder diese mit dem "...dicken Hammer..." förmlich von der Nabe runtergeschlagen werden müssen...? - Würde sich die ordnungsgemäß verschraubte Felge auf der Auflagefläche im Fahrbetrieb auch nur einen Bruchteil von Millimeter bewegen, würde der Rost ständig zerrieben und das Rad ginge jederzeit leicht ab...

Weiterhin...

Überlegt Euch, was passieren würde, wenn der Außendurchmesser eines individuell hergestellten Nabenringes im Durchmesser auch nur einen Bruchteil von Millimetern zu groß gedreht wird - und somit zwischen Felgenloch und Ring eine "echte" (!!!) Passung entstehen würde. Überlegt Euch weiterhin, welche Auswirkungen dynamische Verformungen (NICHT FELGENBEWEGUNG !!!) durch Wechsellast auf diesen Distanzring hätte, wenn beim Drehen an entscheidender Stelle der Freistich vergessen wurde und somit ein Spannungssprung im Querschnittsprofil entstehen würde, der im gerade eben erwähnten Falle eines minimalst zu groß gedrehten Distanzringdurchmessers auf einmal mit raddrehungsabhängiger Wechsellast beaufschlagt würde...

So - und jetzt diskutiert mal schön...

*sabbernd-vor-neugier-zurseitegeh-und-weiter-zuschau*
 
- Würde sich die ordnungsgemäß verschraubte Felge auf der Auflagefläche im Fahrbetrieb auch nur einen Bruchteil von Millimeter bewegen, würde der Rost ständig zerrieben und das Rad ginge jederzeit leicht ab...
Danke, Josef ( diesmal nicht ausnahmsweise :biggrin: )

Sehr schön und anschaulich erklärt!
Vielleicht verstehen die "Fachmänner" es ja jetzt...
 
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