Elektrolytisch entrosten

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Elektrolytisch Entrosten

Wer hat nicht schon einmal Teile aus unseren Oldies ausgebaut, die stark ver- und schlecht zu entrosten waren. Insbesondere Schrauben und andere Kleinteile aus Metall können da leicht zum Problem werden, wenn sie nicht durch Neuteile zu ersetzen sind. Eine äußerst praktische wie bequeme Methode ist die Elektrolyse.

Was benötigt man dazu ? Eigentlich nur ein Gefäß aus nicht leitendem Materal wie Glas oder Kunststoff, Soda aus dem Drogeriemarkt oder Backpulver vom Discounter, heißes Wasser und eine Gleichstrom-Stromquelle. Ich nutze für kleine Teile einen uralten Multilader der Fa. Graupner, also aus dem Modellbaubereich. Es können aber auch Ladegeräte für elektronische Geräte oder Autobatterien benutzt werden.

Dabei sollte die Spannung (Volt) - nicht zuletzt aus Sicherheitsgründen - möglichst gering sein, die Stromstärke (Ampere) ist entscheidend für die Geschwindigkeit, mit der der Prozeß abläuft.

Hat man alles zusammen, wird das zu entrostende Teil an einen Blumendraht so befestigt, daß es komplett von dem Wasser/Soda-Gemisch bedeckt ist.

Stichwort Gemisch: Da gibt es keine festen Mischungsverhältnisse, ich nehme einen Teelöffel für bis zu einem Liter Wasser. Zuviel schadet nicht, ist zuwenig Soda in der Mischung, dauert die Reaktion länger, dann kann man aber einfach „nachwürzen“.

Jetzt wird irgendein Metallteil wie z.B. ein alter Schraubenschlüssel, ein dicker Nagel oder einfach eine dicke Unterlegscheibe ebenfalls so an einem Stück Blumendraht befestigt, daß es in das Gemisch reicht.

Den Blumendraht kann man entweder wie einen Haken über den Rand des Gefässes biegen oder um einen quer über dem Gefäß liegenden Holzstock winden.

Es ist unbedingt darauf zu achten, daß sich Werkstück und Metallteil nicht berühren (Kurzschluß).

Schließt man nun den Minuspol (schwarz) an das Werkstück und den Pluspol an das Metallteil an, entstehen Blasen an dem Werkstück, die anzeigen, daß der Prozeß der Entrostung begonnen hat.

Jetzt benötigt man je nach Stromstärke etwas Geduld, während der Rost von dem Werkstück auf das Metallteil wandert.

Das kann durchaus auch einige Tage dauern,wenn ein großes, stark verrostetes Werkstück mit geringer Stromstärke behandelt werden soll. Eine Stahlfelge - alter LK ;-) - mit dem 0,5 Ampere Multilader entrosten zu wollen, würde zweifellos eine Scheidungsandrohung seitens meiner Gattin zur Folge haben.

Es empfiehlt sich übrigens, das Metallteil gelegentlich heraus zunehmen und den jetzt daran haftenden Rost zu entfernen (geht einfach mit Wasser/einer Bürste, der Rost haftet nur sehr schwach); dadurch wird die Reaktion wieder stärker, was an den wieder kräftigeren Blasenbildung am Werkstück abzulesen ist.

Apropos Werkstück: dieses sollte vor der Behandlung möglichst von Farbresten und vor allem Fett/Öl befreit werden, da diese Stoffe das Werkstück isolieren und die Entrostung darunter liegender Partien behinderen können.

Im Laufe der Zeit wird das Gemisch rostrot. Das Werkstück kann sich schwarz verfärben.

Ist das Werkstück metallisch rein, Stromzufuhr abschalten, herausnehmen, abspülen, ggfls.schwarze Schicht abbürsten, fertig.

Da das benutzte Gemisch nur Wasser und Backpulver enthält, stellt die Entsorgung keine wirkliche Herausforderung dar.

Wie man die entrosteten Teile verzinkt, lest Ihr in einem folgenden Artikel
 
Ich hab da grad eine ganz wilde Idee. Bitte nicht lachen, ich kann auch nix dafür, was meine Hirnwindungen an Blödsin absondern ;)

Das elektrolytische Entrosten ist ja eigentlich ne feine Sache, gerade für kompliziert geformte Bauteile. Ich kenne es allerdings so, dass man neben dem Backpuklver / Natron auch noch Essig oder gar Salzsäure zugibt. Wie dem auch sei, mein Gedanke ist: wie skalierbar ist das ganze wohl?

Also stelle ich mir vor, dass in einem Bassin aus OSB-Platten, Holzrahmen und innen mit Teichfolie eine Karosserei in einigen m³ dieser Lösung versenkt wird, man an strategisch günstigen Stellen mehrere Kathodenbleche postioniert hat und das Ganze denn mal laufen liesse.

Das man anschliessend gründlichst spülen und trockenlegen müsste und sogleich konservieren, ist klar. Um das was und wie dazu geht es mir aber erst mal noch nicht.
Der Gedanke ist, dass sich so der Rost auch an völlig unzugänglichen Stellen lösen müsste - könnte...?

Aber was geschiegt mit dem Lack? Leidet der? Mit wieviel Ampere müsste so eine große 'Anlage' laufen? Besser wohl auch mit 24 oder 48 V? Würde damit wirklich auch der Rost aus Falzen udgl. verschwinden? Wäre es sinnvoll, dabei mit einer Umwälzanlage und Filtern zu arbeiten? (Absaugung in der Karosse an mehreren Stellen, Zulauf an den Seiten von unten)

Meine Frau, ihres Zeichens Doktorin der Elektrochemie, hat grad schon ganz verzweifelt mit dem Kopf geschüttelt :biggrin:

Aber ganz ehrlich, so wirklich los lässt mich diese Idee grad nicht ;)

Ich werde das so bald als möglich mal im kleinen Maßstab mit einem lackierten und telweise rostigen Teil (irgendein passender Halter aus dem Motorraum von Ophelia) ausprobieren (Lack) und mit einem Brocken mit rostunterlaufenen Falzen ebenso.
 
Deine Frau hat recht; einmal, wohin mit den Kubikmetern und zum zweiten, aus den unzugänglichen Stellen bekommst Du die Säure nie wieder komplett raus. Dann rostet es vielleicht nicht mehr, aber die restliche Säure frißt sich langsam durch das Blech.
 
Deine Frau hat recht; einmal, wohin mit den Kubikmetern und zum zweiten, aus den unzugänglichen Stellen bekommst Du die Säure nie wieder komplett raus. Dann rostet es vielleicht nicht mehr, aber die restliche Säure frißt sich langsam durch das Blech.

Das ist mit Fertan ja das gleiche Problem, und das geht ja auch, entsprechende Sorgfalt vorausgesetzt. Dass das nicht mit drüberwischen getan ist, ist auch klar.
Die Brühe selbst ist kein Problem, die kann man einfach in den Kanal ablassen, denn es ist ja nichts giftiges drin.
Eine Frage ist auch, ob eine Lösung nur mit Natron z.B weniger agressiv ist. Auch, was das mit dem Essig eigentlich konkret bringt. Ich werde mich auf jeden Fall erst mal weiter damit beschäftigen. So leicht gebe ich nicht auf, auch wenn man mit der ersten Idee nicht gleich alle Lösungen des gesamten Prozesses parat hat :)
 
über den Daumen gepeilt kommst du mit 48V da auch nicht lange hin...Industriell wird das meißt mit 220 bzw. 380V und mehreren 100Ampere gemacht. Das dann so für ein paar Stunden.

Die Energierechnung möchte ich sehen :biggrin:.

(wenn man eine ganze Karosse darin versenkt...)

Achja, vergiss nicht ordentlich abzulüften und Funkenquellen zu vermeiden. Da wird eine nicht ganz unerhebliche Menge Wasserstoff erzeugt.

Richtig schwierig wirds dann, wenn die Karosserie an einigen Stellen geklebt ist oder aus einem Material-Mix (Alu/Stahl/was auch immer) besteht.

@klawitter was genau möchtest du denn damit entrosten?
 
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über den Daumen gepeilt kommst du mit 48V da auch nicht lange hin...Industriell wird das meißt mit 220 bzw. 380V und mehreren 100Ampere gemacht. Das dann so für ein paar Stunden.

Die Energierechnung möchte ich sehen :biggrin:.

(wenn man eine ganze Karosse darin versenkt...)

Achja, vergiss nicht ordentlich abzulüften und Funkenquellen zu vermeiden. Da wird eine nicht ganz unerhebliche Menge Wasserstoff erzeugt.

Richtig schwierig wirds dann, wenn die Karosserie an einigen Stellen geklebt ist oder aus einem Material-Mix (Alu/Stahl/was auch immer) besteht.

@klawitter was genau möchtest du denn damit entrosten?

Es ist eine Idee. Ideen kann man ja auch ganz elegant wieder über den Haufen werfen. Natürlich ist die Frage, ob so denn eine komplette Karosse entrostet werden könnte.
Meine Synapsen geben halt erst Ruhe, wenn ich sowas durchgespielt habe, wenns mir mal in den Kopf gestiegen ist :smile:

PS: Auf jeden Fall denke ich das Verfahren bei der Restauration meiner beiden 99er und des 96ers einzusetzen, etwa für Achsteile, Federn, Schraubenkonglomerate (im Frittenkorb) usw.
 
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Es ist eine Idee. Ideen kann man ja auch ganz elegant wieder über den Haufen werfen. Natürlich ist die Frage, ob so denn eine komplette Karosse entrostet werden könnte.
Meine Synapsen geben halt erst Ruhe, wenn ich sowas durchgespielt habe, wenns mir mal in den Kopf gestiegen ist :smile:

PS: Auf jeden Fall denke ich das Verfahren bei der Restauration meiner beiden 99er und des 96ers einzusetzen, etwa für Achsteile, Federn, Schraubenkonglomerate (im Frittenkorb) usw.

Bei den alten Karossen dürfte das zumindest chemisch funktionieren, die dürften noch rein aus Stahl sein.

Der Aufbau wird spannend, mir schwirrt da ein eingebuddelter Kunststoffpool ein. Natron wäre da die günstigste Füllung.

Zur Energie müsste man tatsächlich bisschen rumspinnen. Ich würde da mit der größtmöglichen Gleichspannungsquelle anfangen (so bis 50Volt gibts wohl reicht preiswert). Mit der Stromstärke muss man basteln. Ich würde da so mit 20-50 Ampere anfangen und schauen wie sehr es "blubbert". Wenn sich da nicht viel tut, dann entsprechend nach oben gehen damit.

Ich hoffe ich konnte deinem Gedanken so ein bisschen Futter geben.
 
Im www finden sich etliche Videos, einige auch mal mit Plaschbecken ob der Teilegröße. Was ich jetzt so im ersten Durchgang gesehen habe, ist wohl, dass es eine tatsächlich sehr materialschonende Vorgehensweise ist, andererseits muss eine verbleibende Schicht Eisendoxyd noch mechanisch entfernt werden (Waschen, Scheuern, Dampfstrahler) und wandert nicht zwingend Richtung Kathode.
 
Im www finden sich etliche Videos, einige auch mal mit Plaschbecken ob der Teilegröße. Was ich jetzt so im ersten Durchgang gesehen habe, ist wohl, dass es eine tatsächlich sehr materialschonende Vorgehensweise ist, andererseits muss eine verbleibende Schicht Eisendoxyd noch mechanisch entfernt werden (Waschen, Scheuern, Dampfstrahler) und wandert nicht zwingend Richtung Kathode.

Nur wird, abgesehen von Tretautos, in ein Planschbecken keine normale Karosse passen.

Für Kleinteile ist das E-Verfahren durchaus brauchbar.
 
Nunja, kritisch wird das ganze ja eigentlich erst, wenn Unmengen Natron-Wasser auslaufen (wobei sich dort der Umweltschaden eher Richtung null bewegt).
Kritisch ists dann bei Säuren. Daher fällt Salzsäure(die man in den Mengen sowieso nicht so einfach bekommt)/Essig erstmal weg, die Menge bekommst du nirgends entsorgt.

Miss mal die Karossen aus, dann kann man mal so bisschen kalkulieren
 
...

PS: Auf jeden Fall denke ich das Verfahren bei der Restauration meiner beiden 99er und des 96ers einzusetzen, etwa für Achsteile, Federn, Schraubenkonglomerate (im Frittenkorb) usw.

Oder vielleicht einfach mal etwas nachforschen, wer sich in Deiner Nähe professionell mit Galvanik beschäftigt?
 
Nunja, kritisch wird das ganze ja eigentlich erst, wenn Unmengen Natron-Wasser auslaufen (wobei sich dort der Umweltschaden eher Richtung null bewegt).
Kritisch ists dann bei Säuren. Daher fällt Salzsäure(die man in den Mengen sowieso nicht so einfach bekommt)/Essig erstmal weg, die Menge bekommst du nirgends entsorgt.

Ich hätte jetzt gedacht, dass Salzsäure per se wegfällt, da diese Eisen angreift. So wie es @helmut-online oben schon festgestellt hat.
 
Auch wenn ich das Entrosten noch nicht angegangen bin, hab ich es jetzt mal mit Verzinken von Kleinteilen versucht - es funktioniert ganz gut, auch wenn an den Einstellungen vielleicht noch was zu verbessern wäre.
upload_2020-9-15_14-32-55.png

Das Teil ist noch nicht poliert:
upload_2020-9-15_14-33-54.png

Was die Korrosionsbeständigkeit und Haltbarkeit betrifft, wird die Zeit zeigen...
 
Auch wenn ich das Entrosten noch nicht angegangen bin, hab ich es jetzt mal mit Verzinken von Kleinteilen versucht - es funktioniert ganz gut, auch wenn an den Einstellungen vielleicht noch was zu verbessern wäre.
Anhang anzeigen 185532

Das Teil ist noch nicht poliert:
Anhang anzeigen 185533

Was die Korrosionsbeständigkeit und Haltbarkeit betrifft, wird die Zeit zeigen...


1,6V und 4,63A...ich hätte jetzt mit mehr gerechnet, das sind ja so um die 7,5Watt.
Wie lange hats für das Teil gedauert?
 
Knappe Stunde war es drin.
Die Stromstärke hab ich später nochmal auf ca. 2,5 A runtergeregelt.
Die Anleitung bei tifoo.de sagt: 2,5 A/1 dm² - bei den beiden Teilen war das wohl noch zu viel.
Die Spannung war übrigens auf max. eingestellt - bricht dann so weit ein.
 
Oder vielleicht einfach mal etwas nachforschen, wer sich in Deiner Nähe professionell mit Galvanik beschäftigt?

Das kann ja jeder, das ist ja wie nach dem Weg zu fragen!:biggrin:

Bei dem Gedankenspiel gehts ja nicht um sinnvoll und zielführend, sondern erst mal um ‚what if?‘
Wenn aus ner schrägen Idee was hilfreiches oder spannendes übrigbleibt: dazu muss man halt erst mal schräg gedacht haben.
Spieltrieb halt :smile:
 
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