Die vorstehenden Beiträge sind ja schon etwas älter. Und mit der Zeit ändern sich auch rechtliche Rahmenbedingungen und/oder deren Umsetzungspraxis durch die zuständigen Behörden.
Aus aktuellem Anlass hier meine Erfahrung (kein 900er, sondern ein 9-5 Aero Bj.2004, Konsequenz ist aber gleich).
Ich habe ein abgemeldetes Auto aus erstem schweizerischem Vorbesitz erworben, Erstauslieferung erfolgte in der Schweiz.
Es existiert neben dem "ungültig" gestempelten schweizerischen Brief das COC-Papier mit der entsprechenden EG-Typgenehmigung.
Das Auto wurde mit Hänger aus der Schweiz geholt. Es fielen bei der Einfuhr sowohl 10% Zoll als auch die 19% Einfuhrumsatzsteuer an. (Die Unbedenklichkeitsbescheinigung für die Zulassung als Bestätigung über die entrichteten Einfuhrabgaben wurde nicht ausgefüllt, der Zulassungsstelle reichte nach kurzer Diskussion aber der vorgelegte Steuerbescheid mit Einzahlungsquittung aus.)
Die Verzollung ist ärgerlich, denn insofern hat sich die Verwaltungspraxis wohl Anfang 2021 geändert.
Die EU hat mit den EFTA-Ländern Präferenzabkommen über die gegenseitige Zollbefreiung für bestimmte Produkte, zu denen auch Fahrzeuge gehören, geschlossen. Das Präferenzabkommen gilt für Fahrzeuge, die in einem EU- oder EFTA-Land produziert wurden. Passt also grundsätzlich für unsere SAABs.
Der Schweizerische Zoll verlangt für die obligatorische Ursprungsbestätigung aber eine Herstellerbestätigung über die Einfuhr der Ware in die Schweiz. Das fällt für SAAB leider aus. Die Ursprungsbestätigung konnte früher aber bei einem Kaufpreis bis 6.000 € ersetzt werden durch eine Bestätigung des Verkäufers. Das wird aber nicht mehr akzeptiert (lt. Hauptzollamt Singen lt. entsprechendem Erlass), weil "zu viel Schindluder damit getrieben wurde".
Das Auto wurde nach Einfuhr in Deutschland einer Prüforganisation vorgeführt. Die hat eine Hauptuntersuchung gemacht und anhand des COC-Papiers ein Datenblatt erstellt. Die Zulassungsstelle (in NRW) hat heute früh - freundlich aber bestimmt - die Zulassung ohne Gutachten über eine Vollabnahme jedoch erstmal abgelehnt.
Warum?
Es existiert ein Erlass des Verkehrsministeriums (ob NRW oder bundesweit blieb unklar), der unmissverständlich bei Import aus einem nicht EU-Staat eine Vollabnahme gem. § 21 StVZO verlangt. Dies geschieht vor dem Hintergrund der Rechtsauffassung, dass die (urspüngliche) EG-Typgenehmigung durch eine Einzelgenehmigung des Staats der Erstzulassung ersetzt wurde. Denkbar wäre es, dass dabei oder zur Erlangung dieser Einzelgenehmigung im Drittstaat technische Änderungen am Fahrzeug vorgenommen wurden, die nun - vor Erlangung einer neuen Genehmigung in Deutschland - wieder rückgängig gemacht werden müssten, um das Fahrzeug wieder in den Zustand der ursprünglichen EG-Typgenehmigung zu bringen.
Und eben dass soll mit dem Gutachten zur Vollabnahme geprüft werden. Kein Ermessen.
Man mag das blödsinnig finden. Ich habe jedoch weder die Zeit noch die Lust, mir endlose Wort- oder Schriftwechsel mit der Zulassungsstelle zu liefern, ob es wahrscheinlicher ist, dass ein scheckheftgepflegtes Auto aus der Schweiz mit regelmäßiger MFK eher zulassungsrechtlich sauber ist als ein in einer Hinterhofwerkstatt reparierter Unfallschaden aus einem EU-Land.
Die Prüforganisation wird nach Rücksprache das Datenblatt wieder einziehen und ein Gutachten über ein Vollabnahme erstellen, damit sollte der Zulassung dann auch nichts mehr entgegenstehen. Der Sachbearbeiter hat mir sogar seine Kontaktdaten übermittelt, ich kann ohne neuen Termin wiederkommen, da er alle anderen Unterlagen ja schon geprüft hat. Er schien bemüht.
FAZIT:
Ohne Vollabnahme wird eine Zulassung nach einem Import aus einem Nicht-EU-Staat nicht möglich sein, wenn die Zulassungsstelle die Verwaltungsanweisung kennt und befolgt. Wenn das nur mit HU und COC oder Datenblatt doch gemacht wird, hat man wohl Glück gehabt.