Jetzt werden wir alle sterben!

Hmm also hier in AT ist das ganze recht stressfrei.. Freitag Termin Gebucht für die Booster Imfpung (bis Donnerstag hätt ich noch 6 Monate warten müssen, Freitag wurde dann auf 4 Monate verkürzt), Samstag hingefahren - wir waren etwas früher dran - auch kein Problem - Den Aufklärungsbogen hatten wir bereits vorab ausgefüllt. Arztgespräch, Impfung und Eintrag im Impfass. Das Impfzertifikat hab ich mir dann gestern auf der ElGA (Elektronische Gesundheits Akte) Seite mittels Handy Signatur geholt... also so schlecht funktioniert unsere Schluchtenscheisser Verwaltung nicht...
Kann ich bestätigen, gestern waren die Schwiegereltern dran. Hat perfekt und schnell funktioniert. Also an der Organisation scheitert es definitiv nicht.
 
Wir haben darauffolgende Email am WE von einer sehr lieben Cousine meiner Frau bekommen. Sehr lesenswert finde ich und macht momentan den Ausmaß der Pandemie mehr als deutlich.
Um die Privatsphäre unserer Cousine zu schützen habe ich nur ein bisschen editiert.


Liebe Familie!

Ich bin in den letzten 2 Jahren sehr oft von Verwandten oder Feunden gefragt worden, wie es mir in der aktuellen Situation in der Pandemie als Ärztin gehe und ob es wirkich "so schlimm sei". Ich habe dazu mir ein paar Gedanken gemacht. Da sich meine persönliche Meinung zu politischen und medizinischen Maßnahmen immer wieder ändert, bin ich zu dem Schluss gekommen, Euch einfach meinen letzten Arbeitstag mit einzelnen Patientenfällen zu beschreiben. Seht es als Zeitdokument und vielleicht auch als Möglichkeit für mich meine Gedanken zu ordnen. Ich versuche es so zu formulieren, dass ich die ärztliche Schweigeplicht nicht verletze. Für Kritik oder Fragen bin ich offen.

Ich arbeite als HNO Fachärztin an und mache gerade die Weiterbildung zur Phoniaterin (Stimm-und Sprachheilkunde, frühkindliche Sprech-und Hörstörungen). Ich sehe in einer kleinen spezialisierten Abteilung in meiner Sprechstunde Patienten mit Stimm- und Sprachstörungen, viele Kinder mit Hörstörungen, Schluckstörungen und Tumorpatienten nach erfolgter Therapie,

Mein Arbeitstag letzten Mittwoch sah so aus:

7.35 Morgenbesprechung: folgende Fakten wurden besprochen:

neue Studie wird vorgestellt: diese zeigt, dass die Anzahl an Tumorpatienten von Kopf Hals Tumoren in den letzten 2 Jahren gleich geblieben sind, die Patienten jedoch tendentiell mit ausgedehnteren Tumorstadien operiert wurden, also später in die Klinik kamen

von 6 OP-Säalen laufen heute nur noch 2, da Anästhesiepflegepersonal fehlt (ausgeliehen auf die anästhesiologische intensivstation).

das große Tumorwerk (so heißen lange Tumoroperationen, die an die 6 Stunden dauern) von heute muss abgesagt werden, da am Nachmittag auf unserer Intensivstation mit 5 Beatmungsbetten nur eine ausgebildete Pflegefachkraft arbeitet wegen Personalmangel (das hilft auf anderen Stationen aus) und "elektive" Eingriffe verschoben werden sollen. Der Patient hat sich heute psychisch drauf eingestellt seinen Kehlkopf zu verlieren und muss jetzt warten. Gegebenenfalls müssen wir den Luftröhrenschnitt, der im Rahmen der OP geplant war, vorziehen, damit er nicht erstickt.

8.00h Morgenbesprechung in der Phoniatrie: endlich wieder mal vollbesetzt:

die Logopädin ist wieder aus der Quarantäne entlassen (trotz doppelt geimpft hat sich sich an ihrem auch doppelt geimpften Freund angesteckt, der sich in der Arbeit von einer ungeimpften Behinderten, die keine Maske tragen kann, angesteckt hatte). Die Termine die diese Logopädin mit unseren kleinen Patienten ausgemacht hat wurden ins nächste Jahr März verschoben (vorher ist keine Zeit) Hier geht es um Entscheidudungen, welche Fördermaßnahmen und finanziellen Unterstützung ein Kind mit schweren Sprachstörungen braucht und wie wir es unterstützen können.

Ich mache bei meiner ungeimpften Arzthelferin einen Rachenabstrich, das ist jetzt Pflicht in der Klinik 2x in der Woche

ab 8.15 Sprechstunde:

hier nur ein paar meiner Fälle an diesem Tag als Beispiele, die ich in direkten Bezug auf Covid sehe:

Patientin mit Stimmstörung. Bei der letzten Vorstellung im Mai bei mir war alles sehr gut kompensiert, die Patientin konnte wieder gut in ihrem Beruf arbeiten und ihre Stimme voll belasten. Seit ihrer Covidinfektion (wie Grippe, sie war geimpft) im August ist dies etwas schlecher geworden, wir werden etwas Logopädie verschreiben. Sie sitzt da und fängt plötzlich zu weinen an: Ihre Schwester (ungeimpft, keine Risikofaktoren) habe sich gleichzeitig mit ihr infiziert. Sie sei gestern nach 9 Wochen aus dem Koma aufgewacht. Es folgt ein längeres Beratungsgespräch mit der Patientin, wie man trotz Luftröhrenschnitt kommunizieren lernen kann und dass sie bald mit ihrer Schwester wieder lachen könne

4 Jähriges Kind, das vor 9 Monaten zu stottern angefangen hat. Auslösendes Ereignis nicht klar. Therapieplatz beim Logopäden wegen Corona erst im Januar nächsten Jahres bekommen, es gäbe aktuell dringendere Fälle abzuarbeiten

Kontrollschluckuntersuchung bei langzeittracheotomiertem Covid Patienten aus der ersten Welle. Der 76 Jährige strahlt mich an, er könne mitlerweile schon passierte Kost und angedickte Flüssigkeiten gut essen und trinken ohne sich zu verschlucken. Dies sei nach 9 Monaten Ernährung nur über die PEG für ihn schon toll. Er würde aber auch mal wieder gern ein Bier trinken, daran verschlucke er sich jedoch noch weiter, was eine schwere Lungenentzündung nach sich zieht, die er bei der agegriffenen Lunge nur schwer überleben werde, daher erlaube ich es nicht, obwohl ich ihm "als Niederbayerin aus vollsten Herzen gönen würde", wie ich sage. (Ich denke mir nur, dass ich hoffentlich NIE in meinem Leben passierte Kost essen muss, das Andickmittel für Flüssigkeiten ist ekelhaft, aber es verhindert, dass der Patient seinen Flüssigkeitshaushalt erhalten kann. Ich stell mir vor, wie Rotwein wohl angedickt schmeckt... pfui deifi)

Schluckuntersuchung auf der Intensivstation bei Patientin mit Schilddrüsenproblemen: bei der Untersuchung wird die Patientin asystol, der Kreislauf sackt kurz weg. Als ich dies dem Stationsarzt melde, schreit er mich an, warum die jetzt asystol gewesen sei, er brauche doch das Bett für einen anderen und wollte sie auf Normalstation legen.. ich gehe... schlechte Stimmung auf der Station.... alle überlastet

Konsiliarische Mitbeurteilung bei noch infektiösem Covidpatienten auf Normalstation: mir wird in der Montur (Helm, FFP3 Maske, Kittel, Handschuhe) nach 5 min schlecht, ich untersuchune den Patienten im Affenzahn, beende mein Patientengespräch sehr schnell und geh wieder raus. Tut mir leid für den armen Mann, er hatte sich glaub ich mehr Erklärungen erwartet. Aber er hat eh nur die Hälfte von mir verstanden, da ich Helm und Maske trage. Der Mann bleibt einsam in dem Zimmer zurück. Das ist eigentlich nicht meine Art des Pateintenumgangs.

Fallbesprechung mit Kollegen: Anfrage aus einer Klinik: 60 jährige Patientin mit Zustand nach Langzeitintubation und Tracheotomie bei Covidinfektion vor 9 Monaten hat wegen instabiler Trachea einen Stent in die Trachea bekommen, der jetzt zuwächst. Die Patientin hat trotz Luftröhrenschnitt Luftnot, Prognose: schlecht

16.30 Treffen meiner Freundin an der KITA als ich die Kinder abhole

Ihr Mann sei nur noch am Telefon und koordiniere die Intensivbetten von Unterfranken und sei extrem genervt. Tag und Nacht läute das Telefon seit Monaten. Die Familie leide drunter.

Heute Nacht seien wieder 2 Betten frei geworden, ein 29 Jähriger und 50 jähriger (beide ungeimpft, ohne relevante Vorerkrankungen) seien jetzt tot. Von 12 Betten seien 10, also heute nur noch 8 mit ungeimpften Covidpatienten belegt. Das Kind der Schwangeren Covidpatientin mit schon 2 Kindern hätten sie noch holen können, die Patientin sei jetzt trotz Maximaltherapie tot. Die nette Anästhesistin sei jetzt doch wieder zum Dienst gekommen nach ihrem Heulkrampf und ZUsammenbruch, als sie letzte Woche in ihrem Wochenenddienst 3 Patienten zwischen 30 und 60 (ungeimpft, ohne relevante Vorerkrankungen) verloren habe. Der 65 jährige Patient, der wegen eines gut zu behandelnden Notfalls (kein Covid) aus dem Süden Bayerns übernommen worden sei, da dort es dort keine Bettenkapazitäten mehr gebe, habe nur noch 2 Stunden in ............... gelebt. Der Transport habe zu lang gedauert.

21h Zoom meeting mit Studienfreunden: mein Pathologenfreund erzählt von seinen Fällen. Letzte Nacht sei ein 70 Jähriger im Kreis Erlangen in einer Klinik an einer Blutvergiftung gestorben, weil er viel zu spät operiert worden sei, da kein Anästhesist frei gewesen sei und ihn sämtliche Krankenhäuser im Umkreis aus Kapazitätsgründen abgelehnt hätten.

Neurologenfreund berichtet von Schlaganfallpatienten, der zu spät versorgt wurde heute Nacht, weil kein Anästhesist Zeit hatte.

Was geht mir wirr durch den Kopf?

Das, was ich als kleine HNO Ärztin, die keine akute Notfallversorgung betreibt, täglich erlebe, übertrifft klar die Berichte der Medien. Dies betrifft sowohl die akute Situation als auch die Langzeitfolgen der Covidpatienten.

Die verantwortlichen Ärzte und Pfleger sind über dem Limit, das Betriebsklima hat sich verändert. Ich merke bei mir selbst, dass ich an meine Grenzen stoße und ich manche Schicksale viel näher als früher an mich ranlasse, weil mein Nervenkostüm dünner ist.

Die Aggression in der Klinik gegen ungeimpfte Patienten steigt, obwohl es weiterhin ungeimpftes Personal gibt.

Auf unserer Intensivstation liegen nur Ungeimpfte, manche mit, manche ohne Vorerkrankungen, manche vorher fit, manche nicht. Breites Feld.

Ein Covid Patient in der Klinik ist einsam.

Die Triage hat schon längst angefangen. Es sterben Menschen, weil es keine Betten mehr gibt. In Bayern!

Ich hoffe, dass sich meine liebsten um mich rum nicht verlieren muss, weil die Klinik keinen Platz mehr für sie hat.

Passt auf Euch auf!

Seid lieb gegrüßt, ich freu mich auf ein Wiedersehen mit Euch! Danke für's Lesen bis hierhin.
 
Vielen Dank für das Posting. Ich hatte heute die Diskussion mit einem Skeptiker - die Leute würden gar nicht an Corona sterben, das würde nur angegeben, weil die Krankenhäuser dann mehr Geld bekämen... Traurig, aber eben nicht ungewöhnlich.


Gruß Michael
 
Vielen Dank auch von mir.
Wie schon in der letzten Welle erzählen die Politiker immer wieder eine Überlastung des Gesundheitssystems würde drohen. Und wie schon Anfang des Jahres würde ich sagen, wenn zunehmend Patienten wegen fehlender Kapazitäten dauerhafte Schäden erleiden oder gar sterben, dann ist das Gesundheitssystem (zumindest regional) bereits überlastet.
Ende letzter Woche war die Altersgrenze für einen Platz an einer ECMO (Herz-Lungen-Maschine) wieder auf 60 gesunken. D. h. wer älter ist und bei dem die Lunge soweit versagt, dass eine konventionelle Beatmung nicht mehr ausreicht, bekommt die notwendige Erweiterung der Therapie nicht mehr.
Einen solchen Patienten kann man halt auch nicht mehr von Bayern nach Kiel, Lübeck oder Hamburg transportieren, wo evtl. noch entsprechende Therapieplätze frei sind. In einem zustand, bei dem er die Herz-Lungen-Maschine benötigt, würde er einen derart Langen Transport kaum überleben. Außerdem stünde ein Rettungsmittel für Notfälle (z.B. Rettungshubschrauber) fast einen ganzen Tag nicht zur Verfügung.
 
Heute war Mühldorf mal wieder wegen Corona im Fernsehen. Neben Stimmen aus der Klinik wurde auch über Kontrollen der 2G Regeln in der Gastronomie berichtet.
Natürlich gab es keine Verstöße. Die Kontrolleure sind zwar in Zivil in die Cafes oder Restaurants gegangen, aber dort wurden wohl keine Gäste kontrolliert. Wenn sie nicht vom Personal direkt nach einem Nachweis gefragt wurden, haben die Kontrolleure den Wirt/die Bedienung gefragt ob sie ohne Nachweis bedient würden. Natürlich hat keiner auf die direkte Nachfrage geantwortet, dass sie 2G/3G missachten.
Das ist ungefähr so als ob die Polizei bei einer Geschwindigkeitskontrolle statt Radarkontrollen die Fahrer befragen würde ob sie vorhaben die Geschwindigkeitsbegrenzung zu übertreten und dann behaupten es gibt keine Raser..
 
Auch ich bedanke mich für den Bericht aus der medizinischen Welt. Irgendwie macht mich das alles sehr wütend und gleichzeitig traurig.
 
@B20-Fan

Aus dem Polizeitpräsidium Mittelfranken:

Im Zeitraum zwischen Freitag und Montag stehen im Zuständigkeitsbereich der mittelfränkischen Polizei Kontrollen in 398 Betrieben zu Buche. Davon entfielen alleine 339 Überprüfungen auf den Bereich der Gastronomie einschließlich Clubs und Diskotheken. Die Einsatzkräfte stellten während der Kontrollen insgesamt 48 Verstöße gegen die bestehenden 3G-, 3G Plus- und 2G-Regelungen fest. Darüber hinaus beanstandeten die Beamten in 30 Fällen Verfehlungen gegen die Maskenpflicht.

78 Beanstandungen in 398 Betrieben, das sind 20 Prozent.
 
Außerdem stünde ein Rettungsmittel für Notfälle (z.B. Rettungshubschrauber) fast einen ganzen Tag nicht zur Verfügung.
Das wäre nicht so das Problem, die Bundeswehr incl. die Luftwaffe haben schon Bereitschaft signalisiert und dass sie nur auf das Go warten.

Aber medizinisch müssen solche Verlegungen vorausschauend passieren. Also bevor es den Patienten zu schlecht geht. Was unter den Medizinern auch schon länger diskutiert wird und zumindest regional auch erfolgt.
 
Die 3. Spritze hat mich doch etwas lahmgelegt, mehr als nach der 2. Das fällt wohl sehr verschieden aus. Grüße von der Couch.
Freunde von uns sind beide Ärtzte und haben jetzt ihre 3 kleinen Kinder geimpft, da war für uns dann glücklicherweise noch bissel was übrig... beim gemütlichen Kaffeetrinken.
Sonst hätte es nicht so fix mit einem Termin geklappt.
In den Kindergärten und Schulen geht Covid ja ganz schön um, da trifft es immer mal auch die geimpften Eltern oder die Erzieher.
Glücklicherweise dann glimpflich nach meiner Beobachtung.
 
@Celloplayer Ausdrücklichen Dank für diese Zeilen!!! Vielleicht bringt das einige zum Nachdenken. Ich hoffe es.
Aus der Famlie höre ich, dass es bei denen in der Klinik noch nicht so schlimm ist. Aber das ist nicht BY. Doch OPs werden auch hier geschoben, da man ja "Reserve" für andere ist.
 
Wir haben darauffolgende Email am WE von einer sehr lieben Cousine meiner Frau bekommen. Sehr lesenswert finde ich und macht momentan den Ausmaß der Pandemie mehr als deutlich.
Um die Privatsphäre unserer Cousine zu schützen habe ich nur ein bisschen editiert.


Liebe Familie!

Ich bin in den letzten 2 Jahren sehr oft von Verwandten oder Feunden gefragt worden, wie es mir in der aktuellen Situation in der Pandemie als Ärztin gehe und ob es wirkich "so schlimm sei". Ich habe dazu mir ein paar Gedanken gemacht. Da sich meine persönliche Meinung zu politischen und medizinischen Maßnahmen immer wieder ändert, bin ich zu dem Schluss gekommen, Euch einfach meinen letzten Arbeitstag mit einzelnen Patientenfällen zu beschreiben. Seht es als Zeitdokument und vielleicht auch als Möglichkeit für mich meine Gedanken zu ordnen. Ich versuche es so zu formulieren, dass ich die ärztliche Schweigeplicht nicht verletze. Für Kritik oder Fragen bin ich offen.

Ich arbeite als HNO Fachärztin an und mache gerade die Weiterbildung zur Phoniaterin (Stimm-und Sprachheilkunde, frühkindliche Sprech-und Hörstörungen). Ich sehe in einer kleinen spezialisierten Abteilung in meiner Sprechstunde Patienten mit Stimm- und Sprachstörungen, viele Kinder mit Hörstörungen, Schluckstörungen und Tumorpatienten nach erfolgter Therapie,

Mein Arbeitstag letzten Mittwoch sah so aus:

7.35 Morgenbesprechung: folgende Fakten wurden besprochen:

neue Studie wird vorgestellt: diese zeigt, dass die Anzahl an Tumorpatienten von Kopf Hals Tumoren in den letzten 2 Jahren gleich geblieben sind, die Patienten jedoch tendentiell mit ausgedehnteren Tumorstadien operiert wurden, also später in die Klinik kamen

von 6 OP-Säalen laufen heute nur noch 2, da Anästhesiepflegepersonal fehlt (ausgeliehen auf die anästhesiologische intensivstation).

das große Tumorwerk (so heißen lange Tumoroperationen, die an die 6 Stunden dauern) von heute muss abgesagt werden, da am Nachmittag auf unserer Intensivstation mit 5 Beatmungsbetten nur eine ausgebildete Pflegefachkraft arbeitet wegen Personalmangel (das hilft auf anderen Stationen aus) und "elektive" Eingriffe verschoben werden sollen. Der Patient hat sich heute psychisch drauf eingestellt seinen Kehlkopf zu verlieren und muss jetzt warten. Gegebenenfalls müssen wir den Luftröhrenschnitt, der im Rahmen der OP geplant war, vorziehen, damit er nicht erstickt.

8.00h Morgenbesprechung in der Phoniatrie: endlich wieder mal vollbesetzt:

die Logopädin ist wieder aus der Quarantäne entlassen (trotz doppelt geimpft hat sich sich an ihrem auch doppelt geimpften Freund angesteckt, der sich in der Arbeit von einer ungeimpften Behinderten, die keine Maske tragen kann, angesteckt hatte). Die Termine die diese Logopädin mit unseren kleinen Patienten ausgemacht hat wurden ins nächste Jahr März verschoben (vorher ist keine Zeit) Hier geht es um Entscheidudungen, welche Fördermaßnahmen und finanziellen Unterstützung ein Kind mit schweren Sprachstörungen braucht und wie wir es unterstützen können.

Ich mache bei meiner ungeimpften Arzthelferin einen Rachenabstrich, das ist jetzt Pflicht in der Klinik 2x in der Woche

ab 8.15 Sprechstunde:

hier nur ein paar meiner Fälle an diesem Tag als Beispiele, die ich in direkten Bezug auf Covid sehe:

Patientin mit Stimmstörung. Bei der letzten Vorstellung im Mai bei mir war alles sehr gut kompensiert, die Patientin konnte wieder gut in ihrem Beruf arbeiten und ihre Stimme voll belasten. Seit ihrer Covidinfektion (wie Grippe, sie war geimpft) im August ist dies etwas schlecher geworden, wir werden etwas Logopädie verschreiben. Sie sitzt da und fängt plötzlich zu weinen an: Ihre Schwester (ungeimpft, keine Risikofaktoren) habe sich gleichzeitig mit ihr infiziert. Sie sei gestern nach 9 Wochen aus dem Koma aufgewacht. Es folgt ein längeres Beratungsgespräch mit der Patientin, wie man trotz Luftröhrenschnitt kommunizieren lernen kann und dass sie bald mit ihrer Schwester wieder lachen könne

4 Jähriges Kind, das vor 9 Monaten zu stottern angefangen hat. Auslösendes Ereignis nicht klar. Therapieplatz beim Logopäden wegen Corona erst im Januar nächsten Jahres bekommen, es gäbe aktuell dringendere Fälle abzuarbeiten

Kontrollschluckuntersuchung bei langzeittracheotomiertem Covid Patienten aus der ersten Welle. Der 76 Jährige strahlt mich an, er könne mitlerweile schon passierte Kost und angedickte Flüssigkeiten gut essen und trinken ohne sich zu verschlucken. Dies sei nach 9 Monaten Ernährung nur über die PEG für ihn schon toll. Er würde aber auch mal wieder gern ein Bier trinken, daran verschlucke er sich jedoch noch weiter, was eine schwere Lungenentzündung nach sich zieht, die er bei der agegriffenen Lunge nur schwer überleben werde, daher erlaube ich es nicht, obwohl ich ihm "als Niederbayerin aus vollsten Herzen gönen würde", wie ich sage. (Ich denke mir nur, dass ich hoffentlich NIE in meinem Leben passierte Kost essen muss, das Andickmittel für Flüssigkeiten ist ekelhaft, aber es verhindert, dass der Patient seinen Flüssigkeitshaushalt erhalten kann. Ich stell mir vor, wie Rotwein wohl angedickt schmeckt... pfui deifi)

Schluckuntersuchung auf der Intensivstation bei Patientin mit Schilddrüsenproblemen: bei der Untersuchung wird die Patientin asystol, der Kreislauf sackt kurz weg. Als ich dies dem Stationsarzt melde, schreit er mich an, warum die jetzt asystol gewesen sei, er brauche doch das Bett für einen anderen und wollte sie auf Normalstation legen.. ich gehe... schlechte Stimmung auf der Station.... alle überlastet

Konsiliarische Mitbeurteilung bei noch infektiösem Covidpatienten auf Normalstation: mir wird in der Montur (Helm, FFP3 Maske, Kittel, Handschuhe) nach 5 min schlecht, ich untersuchune den Patienten im Affenzahn, beende mein Patientengespräch sehr schnell und geh wieder raus. Tut mir leid für den armen Mann, er hatte sich glaub ich mehr Erklärungen erwartet. Aber er hat eh nur die Hälfte von mir verstanden, da ich Helm und Maske trage. Der Mann bleibt einsam in dem Zimmer zurück. Das ist eigentlich nicht meine Art des Pateintenumgangs.

Fallbesprechung mit Kollegen: Anfrage aus einer Klinik: 60 jährige Patientin mit Zustand nach Langzeitintubation und Tracheotomie bei Covidinfektion vor 9 Monaten hat wegen instabiler Trachea einen Stent in die Trachea bekommen, der jetzt zuwächst. Die Patientin hat trotz Luftröhrenschnitt Luftnot, Prognose: schlecht

16.30 Treffen meiner Freundin an der KITA als ich die Kinder abhole

Ihr Mann sei nur noch am Telefon und koordiniere die Intensivbetten von Unterfranken und sei extrem genervt. Tag und Nacht läute das Telefon seit Monaten. Die Familie leide drunter.

Heute Nacht seien wieder 2 Betten frei geworden, ein 29 Jähriger und 50 jähriger (beide ungeimpft, ohne relevante Vorerkrankungen) seien jetzt tot. Von 12 Betten seien 10, also heute nur noch 8 mit ungeimpften Covidpatienten belegt. Das Kind der Schwangeren Covidpatientin mit schon 2 Kindern hätten sie noch holen können, die Patientin sei jetzt trotz Maximaltherapie tot. Die nette Anästhesistin sei jetzt doch wieder zum Dienst gekommen nach ihrem Heulkrampf und ZUsammenbruch, als sie letzte Woche in ihrem Wochenenddienst 3 Patienten zwischen 30 und 60 (ungeimpft, ohne relevante Vorerkrankungen) verloren habe. Der 65 jährige Patient, der wegen eines gut zu behandelnden Notfalls (kein Covid) aus dem Süden Bayerns übernommen worden sei, da dort es dort keine Bettenkapazitäten mehr gebe, habe nur noch 2 Stunden in ............... gelebt. Der Transport habe zu lang gedauert.

21h Zoom meeting mit Studienfreunden: mein Pathologenfreund erzählt von seinen Fällen. Letzte Nacht sei ein 70 Jähriger im Kreis Erlangen in einer Klinik an einer Blutvergiftung gestorben, weil er viel zu spät operiert worden sei, da kein Anästhesist frei gewesen sei und ihn sämtliche Krankenhäuser im Umkreis aus Kapazitätsgründen abgelehnt hätten.

Neurologenfreund berichtet von Schlaganfallpatienten, der zu spät versorgt wurde heute Nacht, weil kein Anästhesist Zeit hatte.

Was geht mir wirr durch den Kopf?

Das, was ich als kleine HNO Ärztin, die keine akute Notfallversorgung betreibt, täglich erlebe, übertrifft klar die Berichte der Medien. Dies betrifft sowohl die akute Situation als auch die Langzeitfolgen der Covidpatienten.

Die verantwortlichen Ärzte und Pfleger sind über dem Limit, das Betriebsklima hat sich verändert. Ich merke bei mir selbst, dass ich an meine Grenzen stoße und ich manche Schicksale viel näher als früher an mich ranlasse, weil mein Nervenkostüm dünner ist.

Die Aggression in der Klinik gegen ungeimpfte Patienten steigt, obwohl es weiterhin ungeimpftes Personal gibt.

Auf unserer Intensivstation liegen nur Ungeimpfte, manche mit, manche ohne Vorerkrankungen, manche vorher fit, manche nicht. Breites Feld.

Ein Covid Patient in der Klinik ist einsam.

Die Triage hat schon längst angefangen. Es sterben Menschen, weil es keine Betten mehr gibt. In Bayern!

Ich hoffe, dass sich meine liebsten um mich rum nicht verlieren muss, weil die Klinik keinen Platz mehr für sie hat.

Passt auf Euch auf!

Seid lieb gegrüßt, ich freu mich auf ein Wiedersehen mit Euch! Danke für's Lesen bis hierhin.
beklemmend ...
 
Wie war denn heute morgen eure Einlasskontrolle in der Firma?
Hier gab es einen Stau an der Tür und dem Kontrolleur hätte man auch die Karte vom Pizzabringbienst unter die Nase halten können:rolleyes:
 
Ja, sehr traurig, erschreckend und ich ärgere mich jetzt nochmal mehr. Wie man es so weit kommen lassen konnte... :redface:
 
Wie war denn heute morgen eure Einlasskontrolle in der Firma?
Hier gab es einen Stau an der Tür und dem Kontrolleur hätte man auch die Karte vom Pizzabringbienst unter die Nase halten können:rolleyes:
Was für eine gequirlte Sch.... - nehme Dich mal ein wenig ernst.... inzwischen genesen von der Krankheit ? Die Arbeitgeber nehmen dies sehr ernst, wenn sie nicht ne Putzkolonne,ect. an der Steuer vorbei betreiben....


P.S.: Die Kommentare kann man nicht mehr ernst nehmen, wie die Geschichten auch...
 
Zuletzt bearbeitet:
Wie war denn heute morgen eure Einlasskontrolle in der Firma?
Hier gab es einen Stau an der Tür und dem Kontrolleur hätte man auch die Karte vom Pizzabringbienst unter die Nase halten können:rolleyes:

Gar nicht. War anscheinend mehr so auf freilliger Basis. Wer wollte konnte zum Thresen abbiegen und sich registrieren lassen
Von 3G hatte ich irgendwie mehr erwartet. :biggrin:
Kommt vielleicht Mittwoch, wenn das Gesetzt offiziell gilt :dontknow:
 
Gar nicht. War anscheinend mehr so auf freilliger Basis. Wer wollte konnte zum Thresen abbiegen und sich registrieren lassen
Von 3G hatte ich irgendwie mehr erwartet. :biggrin:
Kommt vielleicht Mittwoch, wenn das Gesetzt offiziell gilt :dontknow:
Was sonst - Vorbereitungen werden getroffen.... je nach Start in den einzelnen Bundesländern....(bei uns läuft das sehr zielgerichtet, inkl erneutem Impfangebot)
 
3G am Arbeitsplatz
6a4cb27a0823336ca6e0c3cdc5a1ab79.jpg
 
Zurück
Oben