Ohne Plan nach Norden... oder: Metalldetektor und aero84 machen Urlaub.

aero84

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Der Reisebericht erscheint gewissermaßen als Fortsetzungsroman, gerade so, wie ich mit dem Tippen hinkomme.
Die Qualität der Bilder bitte ich zu entschuldigen, hatte leider keinen Polarisationsfilter dabei, manchmal sieht man die Reflexionen der Windschutzscheibe. Aber bessere Bilder gibt es nicht, da müßt ihr Euch mit abfinden, und außerdem bin ich ja manchmal auch ausgestiegen ;-)
Ich habe leider meinen Schwedenatlas gerade nicht greifbar, das heißt, daß ich teilweise die Ortsangaben schuldig bleiben muß. Bei Gelegenheit liefere ich die aber nach...





Zweiter Tag der Reise, Mittwoch vormittag.

Am Vorabend war ich gegen 2230 Uhr in Essen losgefahren, am Bahnhof in Bochum einen Mitfahrer eingesammelt. Mitfahrzentrale hilft drastisch, die Kosten zu reduzieren... Interessant dabei war, daß Metalldetektor die Fahrt eingegeben hatte. Was aber daran macht die Aufnahme eines Mitfahrers spannend?
Um es kurz zu machen, stand der Mitfahrer am Bahnhof und hatte meine Telephonnummer nicht, dafür die vom Metalldetektor (MD). Ich hatte die des Beifahrers auch nicht, dafür aber MDs, und sein Handy war aus...
Auf jeden Fall lernt man viele nette Leute kennen, wenn man nachts durchs Bahnhofsviertel einer Großstadt streift "Du wolltest doch mit uns nach Berlin, oder?... Nein, doch nicht? -- Aber Du bestimmt!"

Irgendwann hatte ich ihn dann gefunden, just in dem Moment, wo MD dann einfiel, daß er sein mobiles digitales Teilnehmerendgerät im drahtlosen Wählnetz doch wieder in Betrieb nehmen könnte.

Der Metalldetektor selbst wollte per Mitfahrzentrale bis Dortmund fahren, ich sollte ihn dann dort am Bahnhof aufnehmen. Ich war zur vereinbarten Zeit da (inklusive wildfremdem Mitfahrer), wer nicht da war, war Iuri. Offensichtlich war seine Mitfahrgelegenheit auch nicht sooo übermäßig zuverlässig. Nachdem wir dann eine Stunde lang bei MacDoof die Zeit auf geradzu kriminellste Art und Weise totgeschlagen hatten, tauchte er dann auch auf. Mittlerweile war Mitternacht gut durch, und ich war gerade 50km von zu Hause...
Aufgetankt, rauf auf die Bahn, Tempomat bei 130 gesetzt und bis Berlin geglitten. Noch vor dem Berufsverkehr durch die halbe Stadt gekommen, um unseren Mitreisenden abzusetzen, dabei ne kleine Stadtrundfahrt improvisiert, inklusiver aller wichtigen Sehenswürdigkeiten. Dann durch den beginnenden Berufsverkehr wieder zurück in den Westen, um in der konspirativen Tiefgarage die letzten Sachen einzuladen, unter anderem unseren Frischwasserkanister. Blöd nur, daß der nicht da war. Nach einer halben Stunde ergebnislosen Suchens dann die Entscheidung, sch... egal, kaufen wir halt in Schweden.

Und auf nach Norden! Ok, genauer gesagt, Nordwesten. Unterwegs getankt, wo, weiß ich auswendig nicht mehr. Jedenfalls hatten wir einen 10er Schnitt, wie bei dem Tempo auch zu erwarten war. Nachdem wir Berlin hinter uns gelassen hatten, tauschte ich den Fahrersitz mit MD, der den ganzen Weg vom Ruhrgebiet bis Berlin selig schlummernd auf dem Beifahrersessel verbracht hatte, und machte eine technische Durchsicht an der Augenlidunterseite.

Ab jetzt war Spritsparen angebracht, hatten wir doch ursprünglich zu viert fahren wollen, so daß sich jetzt der Benzinkostenanteil pro Person verdoppelt hatte. Und es würden noch viele Kilometer werden...
Der Wagen rollte gemütlich mit 90 und Tempomat vor sich hin, ich schlief, Iuri döste vor sich hin, und auch der Schlampenschlepper schien es ganz angenehm zu finden, so im Halbschlaf vor sich her zu traben.





Mit verlassen der SBZ übernahm ich wieder das Steuer, Metalldetektor übernahm das Navigieren und brachte uns über Nebensträßchen mit Kurs Nordnordost in die Nähe des Wassers. Und da stellte sich uns die erste Frage unserer Reise: wenn dann das Wasser kommt, wie geht's dann weiter?
Komplett über die Brücken zu fahren verwarfen wir, weil uns eine überschlagsmäßige Rechnung zeigte, daß das erstens zu lange dauern würde und zweitens die Fähren abartig teuer sein müßten, als daß sich das lohne. Mit der Fähre komplett rüber hatten wir auch am Anfang schon ausgeschlossen, das war preislich einfach nicht drin. Also beschlossen wir, erstmal nach Puttgarden hochzufahren und einfach mal zu gucken, was denn die Fähre nach Dänemark kosten sollte.


Und da sind wir jetzt also. Wir stehen auf dem Festland, kurz vor Fehmarn, im Hintergrund die Brücke. Bis vor einer halben Stunde war uns ja noch nicht so wirklich klar gewesen, , wie wir denn überhaupt über die Ostsee kommen wollen... :roll:


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Dann die Idee:

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So macht man das also!
Da waren wir aber erst in Dänemark. Einmal übers Meer fehlt da noch...
Zum Glück gibt es ja die Brücke. Beziehungsweise, erstmal einen Tunnel zu einer Insel mitten im Sund.
Bis dahin rutschte ich aber wieder auf den Beifahrersitz und beschäftigte mich damit, meine Vitalfunktionen nicht völlig auf die Nulllinie fallen zu lassen. Kurz vor Kopenhagen wachte ich dann wieder auf, kurz nach Kopenhagen ging es auch schon in den Tunnel.

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Die Insel ist vergrößert worden (um ein vielfaches, ich will gar nicht wissen, wieviel Schutt die dafür ins Meer kippen mußten) und bietet das Sprungbrett nach Schweden. Ab auf die Brücke, übrigens die längste Brücke Europas:

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Die Fähre und die Brücke kosten zusammen knapp über 80 Euro.
 

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Alles selbstgemacht. Reine Handarbeit, Asahi Pentax Spotmatic F, Objektive diverse Takumar, Film das, was gerade zur Hand / zu kaufen war.

Sooo toll sind die Bilder nicht, gibt auf der gesamten Tour vier oder fünf Bilder, die mir richtig gut gefallen, die kommen noch...

Aber trotzdem erstmal herzlichen Dank, Lob tut immer gut. ;-)
 
Immer noch zweiter Tag, später Nachmittag / früher Abend.

Wir sind in Schweden! Nein, noch nicht ganz, erst steht die Grenzkontrolle. Metalldetektor sitzt am Steuer, und so werden wir prompt rausgezogen.
Mag ja sein, daß er Filmmusikkomposition studiert, zur Zeit sieht er aber aus, als sei er selber direkt einem set entsprungen, und zwar "Fear and loathing in Las Vegas".
Unrasiert und ungeduscht, dazu mit für meine Verhältnisse viel zu langen Haaren mache ich wahrscheinlich auch nicht unbedingt den besten Eindruck.

Da wir aber doch keine Unmengen Alkohol einschmuggeln wollen, und auch kaputt genug aussehen, daß unsere Aussage "Wir fahren einfach nur nach Norden, und dann sehen wir weiter" absolut glaubwürdig ist, dürfen wir nach kurzer Zeit auch weiterfahren.

In Ystad machen wir eine Pause und versuchen irgendwo einen Campingkanister fürs Frischwasser zu bekommen. Zuerst halten wir im Stadtzentrum einen weißen, getunten Saab an, dessen Fahrer anhand der Aufschrift "Saab Turbo Club of Sweden" auf dem Sonnenschutzstreifen der Windschutzscheibe zielsicher als Freak identifiziert wird. Außerdem hat er was hübsches Blondes auf dem Beifahrersitz. Leider kann er so viel Englisch wie ich Schwedisch, so daß zwar eine rudimentäre Konversation zustande kommt, er mich aber auch nur weiterschicken kann.
So irren wir dann von einem Geschäft zum anderen und werden jedesmal mit ehrlichem Bedauern weitergeschickt, bis wir in einem Laden enden, der ein Zwischending zwischen IKEA und Haushaltswarenladen ist. Auch hier Fehlanzeige. So laufen wir durch die Stadt zurück zum Hafen, wo unser Auto steht und freuen uns an dem verträumten kleinen Städtchen mit den Feldsteinpflastergassen und den niedlichen, pastellfarbenen Häuschen. In diesem Moment kommt mir das erste Mal der Gedanke, wenn es mir in der Bundesrepublik zu blöd wird, könnt es mir hier auch gefallen. Dieser Gedanke sollte sich übrigens während der Fahrt wiederholt einstellen...

Von Ystad aus fahren wir an der Südküste entlang. Unser nächstes Ziel ist Ale Stenar, quasi ein Stonehenge en miniture. Niemand weiß, welchem Zweck es diente, aber die Steine sind schiffsförmig angeordnet.

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Und noch einmal, hier hat sich der Metalldetektor ins Bild gemogelt.

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Die Stätte liegt zwischen Ortschaft und Meer, oben auf der Steilküste.
Wir machen uns auf den Fußweg zurück. Man läuft schon einige Meter, aber nach der langen Fahrt tut die Bewegung gut.

Die Sicht ist eigentlich gut, und so lasse ich es mir nicht nehmen, noch ein Photo zu schießen. Auf dem Bild wirkt es schon recht diesig, vielleicht kündigen sich gerade die Seenebel an, für die dieser Teil der Küste berüchtigt ist.

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Mit Blick auf unseren Tank entschließen wir uns, direkt nach Norden zu fahren, und nicht noch Sandhammaren, Simmrishamn oder Kivik anzuschauen.
Metalldetektor lotst mich über kleine Straßen, Sträßchen und Feldwege, bis wir wieder auf einer Hauptstraße ankommen.
Wir fahren nun durch Brösarps Backar, die Hügellandschaft um Brösarp. Wie wir später feststellen werden, hätte man den Herrn der Ringe auch komplett in Skandinavien drehen können. Hier befinden wir uns gerade im Auenland...

Ich versuche mehrmals zu tanken, jedoch hat keine Tankstelle geöffnet, und den versuch, am Automaten zu tanken, lassen wir irgendwann ganz bleiben, nachdem sich herausgestellt hat, daß Tankautomaten keine deutschen EC-Karten mögen. (Belgische und luxemburgische übrigens, wie ich neulich feststellen mußte, auch nicht.)

Die Vegetation ändert sich, die Gegend wird flacher, die Straßen gerader. Bald gibt es rechts und links von uns nur noch Wald.

Die Reserveleuchte flackert, wir machen uns auf die Suche nach einem Nachtplatz. Ein paar auf der Karte tauglich erscheinende Stellen werden verworfen, wir fahren auf die nächste zu. Die Reservelampe leuchtet jetzt schon seit einiger Zeit dauerhaft. Dann auf einmal links eine Tankstelle, beleuchtet. Hat sie noch offen? Und wir sind dran vorbei. Der Tank ist mir jetzt auch erstmal egal, ich will nur noch schlafen, getankt werden kann morgen auch noch.
An dem Feldweg, auf den wir wollten, fahren wir natürlich in der Dunkelheit auch wieder vorbei. Ich wende, fahre zurück. Der muß doch irgendwo sein... Schleichfahrt. Da links, das muß - nein, nichts.
Irgendwann finden wir die Einfahrt, vorsichtig taste ich mich mit dem Sedan den ausgefahrenen Feldweg entlang. Der Sportunimog wäre doch die bessere Wahl gewesen als dieses Gokart. 16S-Fahrwerke haben halt nicht nur Vorteile.
Mal rechts, mal links, bloß nicht aufsetzen, und bloß nicht die Vegetation am Rand berühren, Äste machen häßliche Kratzer. An einer breiteren Stelle halte ich an, der Boden ist fest, ich ziehe den Wagen vom Weg runter. Von der Straße sind wir nicht mehr zu sehen, aber irgendwie überkommt mich das Bedürfnis, die Scheiben und die Lichter abzutarnen. Ein grünes Auto wäre mir auch lieber. - So ein Unfug! Ich bin schließlich im Urlaub...Berufskrankheit!

Wir packen aus, ich flack mich mit Schlafsack und Isomatte hinters Auto, Metalldetektor, dieses Weichei, pennt natürlich drinnen.
 

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In Berlin haben wir direkt bei nach der Garage bei Shell getankt, wo du "immer" tankst.
In den Läden in Ystad haben wir übrigens immernoch nach dem faltbaren Kanister gesucht, erst zwei Tage später ist uns die, wie ich finde, schlichtweg geniale Idee gekommen. . . na ich will nicht vorgreifen. Nur da "Unmengen Alkohol" direkt davor genannt werden, könnte das manche etwas iritieren, mein ich. Wär aber auch schwachsinnig, nach Schweden zum Saufen zu fahren, auf der Fähre waren die 1-Liter-Sprittflaschen Bacardi gerade so teuer wie bei uns zwei 0,7-l-Flaschen Cpt'n Morgan, aber für die Dänen und Schweden mag das sicher ein Schnäppchen sein!
Donner und Doria, das Bild aus dem Tunnel sieht durch die Verzerrung aus, als wären wir mit 180 durchgefetzt.
 
Ah ja! Werde halt alt...

Na, man hätte ja immerhin den Sprit aus Deutschland mitnehmen können. Für Deutsche lohnt das duty-free auf der Fähre übrigens wirklich nicht.
 
Ach seit ihr nicht???

Nein, wirklich nicht. Hätten wir uns gar nicht leisten können... Die Karre ist in 14 Tagen (Dresden-Ruhrpott-Kiruna-München-Ruhrpott) ca 9000km gelaufen. Heizen verbietet sich da ganz schnell schon aus finanziellen Gründen!
 
und zum rasen fährt man ja auch nicht nach Schweden in den Urlaub :-)
 
Eben. So gemütlich wie in Schweden waren sowohl MD als auch ich wahrscheinlich noch nie unterwegs...
 
Bitte, hier, nur für Dich! ;-)





Dritter Tag. Donnerstag, irgendwann morgens, vielleicht 7 Uhr 30.

Bssssst. Bsst. Och nee. Umdrehen, alle Luken dicht. Nee, auch doof. Jetzt wird es warm... Bssst! Bssssst!! BSSSST!!! Mistviecher!

Gut, mit Schlafen ist nichts. Also aufstehen, frühstück, tanken. Ich öffne den Kofferraum, um an meine Klamotten zu kommen. (kleiner Tip für alle irgendwann-mal-camper: niemals mit Klamotten in den Schlafsack, ihr friert Euch zu Tode. Wenn es notwenig ist, legt man die Sachen auf den Schlafsack. Mit so etwas fängt man aber erst an, wenn das Thermometer um den Nullpunkt schwankt...)
Das heißt, ich will den Kofferraum öffnen. Geht nicht. Nein, nicht wirklich. Die Karre ist tatsächlich abgeschlossen... und nun? Ich klopfe ans Blech, hilft ja nichts, wenn ich nicht mehr schlafen kann, warum sollte MD dann pennen dürfen? Nichts. Tock. Tocktock. Nichts. Die Situation fängt an, mich zu nerven, offensichtlich hört MD nichts. Ans Seitenfenster klopfen wär auch schlecht, dann müßte ich ja aus dem Schlafsack raus, und da sind die Mücken. Dieser Plan wird also sehr schnell verworfen. Doch dann erinnere ich mich wieder an den Taktikunterricht: Wo Gewalt nicht hilft, hilft mehr Gewalt.
TOCK! TOCK!
"Hmmm?" - "Ey, mach das Auto auf!" - "Hmmm??" "AUF-MACH-EN!!!" "Hmmm." - klack.
Geschafft! Kofferraum auf, Klamotten an... Metalldetektor wachkriegen. Letzteres lasse ich dann mangels Erfolgsaussichten bleiben und mache lieber ein Bild von unserem Nachtplatz:

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Als ich zurückkomme, ist MD auch auf, und so fange ich an, Frühstück vorzubereiten. Kaffee gibt es aus lauter Faulheit keinen, außerdem bin ich komischerweise so wach, daß ich da überhaupt keine Notwendigkeit für sehe. Sowas passiert mir in Deutschland selten... Also nicht die Faulheit, sondern ein Frühstück ohne Kaffee.
Das Frühstück selbst beschränkt sich auf Müsli, gestreckt mit Haferflocken. MD verflucht mich jetzt schon ob meines Geizes. Aber Haferflocken kosten nun mal nur einen Bruchteil eines gescheiten Müslis...

Die hier vorhandenen Mücken sorgen dann dafür, daß das Frühstück alles andere als gemütlich wird, sondern immer von kurzfristig eingeleiteten Stellungswecheln geprägt. Hilft aber alles nichts, spätestens nach einer Minute sind die Viecher wieder da. Mir beißt einer dieser Blutsauger tatsächlich in die Nase und ein anderer in die Oberlippe, was mich zunächst maßlos ärgert. Nachdem ich aber im Verlaufe des Tages feststelle, daß die Stiche so gut wie gar nicht jucken, entwickeln sich die ersten Grundzüge einer neuen Strategie: einfach ignorieren, die Viecher. Das vereinfacht das Leben ungemein und nimmt ihm einen großen Teil der nicht urlaubsgemäßen Hektik.

Nachdem wir alle halbwegs wach und zurechnungsfähig sind, packen wir zusammen und ich bugsiere den sedan vorsichtig wieder zurück auf die Straße. Da wir nicht wissen, wo die nächste Tankstelle ist, und die Reserveleuchte auch schon seit einigen Kilometern leuchtet, rollen wir die cirka 10km zurück zu der Tankstelle, die wir gestern Abend, das heißt heute früh gesehen hatten.
Ich tanke das Auto voll und erkundige mich danach nach einer Dusche, die gibt es tatsächlich, die sei aber kaputt. Kaputt? Ja, es gäbe nur kaltes Wasser. Macht nichts, Hauptsache nass. Ich hab nich noch nie über kaltes Wasser so gefreut, wie an diesem Morgen. Eine Dusche und Frühstück, mehr braucht es nicht für ein menschenwürdiges Dasein.

Während MD sich frischmacht, rechne ich den Verbrauch aus. 6,8 Liter, nicht schlecht!


Nach einer halben Ewigkeit geruht Herr MD dann auch wieder, sich zum Fahrzeug zu bewegen (Zivilisten! Sind die alle so langsam?) und wir machen uns auf den Weg nach Norden. Wir wollen heute noch Stockholm erreichen, und unterwegs endlich so einen faltbaren Frischwasserkanister organsieren. Dann wäre nämlich am nächsten Morgen tatsächlich auch ein Kaffeekochen möglich, sollte es notwendig sein.

Der Tempomat kanpp unter 90, beiderseits dunkle Nadelwälder, das Gelände leicht wellig. Nach zwei Stunden klart es auf, die Sonne kommt heraus, und in den Wäldern finden sich ab und an kleinere und größere Seen.

In der nächsten Stadt suchen wir uns ein Einkaufszentrum beziehungsweise einen etwas größeren Supermarkt. Aber das, was wir suchen, den ersehnten Wasserkanister, gibt es nicht...
Wir kaufen einen Sixpack Mineralwasser und beschließen, falls notwendig, einfach die leeren Flaschen wiederzuverwenden. Warum wir nicht vorher darauf gekommen sind, weiß ich nicht. Ist aber mal wieder typisch, warum einfach, wenn es auch kompliziert geht.
Für den Rest der Fahrt wird es es einfach eine räumliche Trennung zwischen Trink- und Brauchwasser geben: Trinkwasser steht griffbereit hinter dem Beifahrer-, Brauchwasser wird irgendwo hinter dem Fahrersitz verstaut.



An einem idyllischen Rastplatz an einem See bereiten wir unser Mittagsmal zu, eher ein kleiner Imbiß, Knäckebrot und Salami. Ist übrigens sehr zu empfehlen auf längeren Reisen, kostet nix und verdirbt auch im heißen Kofferaum nicht so schnell.

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Wir fahren auf die Autobahn nach Stockholm auf. Bei Linköping merken wir die Nähe zu Saab, auf Betonpfeilern aufgespießte Kampfflugzeuge säumen die Autobahn.

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Dann merken wir, wie uns auf der Gegenspur haufenweise Käfer und T1 entgegenkommen, manche original, manche leicht modifiziert. Ich schaue auf der Karte nach und stelle fest, daß wir gerade an Mantorp Park vorbeigefahren sind, somit ist auch klar, wo die alle hinwollen.


Eine Raststätte vor Stockholm betätige ich mich als Koch, die Spaghetti Bolognese sollen sogar eßbar gewesen sein, bestätigt Iuri.
Kurz vor der Abfahrt komme ich noch auf die geniale Idee, eine Karte von Stockholm zu kaufen. Iuri wird kurzerhand auf den Beifahrersitz verbannt, denn wenn ich eines nicht leiden kann, dann, nach Karte zu navigieren, wenn ich auch genausogut stumpf nach Anweisungen autofahren könnte.

Die Einfahrt nach Stockholm gestaltet sich schwierig, überall tauchen Schilder auf, deren Piktogramme unmißverständlich aussagen, daß Autofahren Geld kosten solle. Der Stadtplan erläutert auf der Umschlagseite, daß es wohl so etwas wie eine Innenstadtmaut geben soll. Ob die nur geplant ist oder tatsächlich schon eingetrieben wird, das herauszubekommen, reicht mein nur rudimentär vorhandenes Schwedisch nicht aus.
Eines steht aber fest: Für Straßen wird nicht bezahlt! So etwas kommt überhaupt nicht in Frage, da stelle ich mich aus Prinzip stur. Wir kurven also wild durch die Gegend, bis wir tatsächlich relativ weit im Stadtzentrum landen, ohne auch nur ein Wegelagereipiktogramm auf unserer Straße entdeckt zu haben.
Wir haben Glück und finden einen Parkplatz direkt am Wasser.

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Wir schauen uns die Stadt etwas an, vor dem königlichen Schloß treffen wir auf zwei amerikanische Studentinnen, mir denen wir ins Gespräch kommen.

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Das Schloß selbst ist recht häßlich, eine der Amerikanerinnen dafür sehr hübsch, aber strunzdumm. Die andere ist trotz einiger Pfunde mehr deutlich attraktiver.
Und da sage noch einer, innere Werte zählten nicht!
Ich weiß nicht wieso, aber Touristen erkennt man immer sofort. Die beiden sind schon ein paar Tage in Stockholm und reisen danach weiter, es soll wohl ein "Europa-in drei-Wochen"-Trip werden, das ist wohl unter gebildeten Amerikanern zur Zeit ein absolutes Muß.
Wir fragen sie nach einer Möglichkeit, wo man denn in Stockholm gemütlich den Abend verbringen könnte. Sie weisen uns auf der Karte den Weg zu einem Kneipenviertel und nennen uns ein Lokal, wo man beschließt, sich am späteren Abend noch einmal über den Weg zu laufen.
Natürlich finden wir besagte Kneipe nicht. Vielleicht hätte uns die Waghalsigkeit dieses Unterfangens auch schon vorher klarwerden können, war doch der Einstieg in unser Gespräch gewesen, daß die beiden nicht mehr so ganz wußten, wo sie waren, und wir Ihnen nicht nur eine Karte, sondern anscheinend auch die Fähigkeit des Kartenlesens vorraus hatten.



Auf der Suche nach einer schicken Kneipe grabe ich eine hübsche Asiatin an. Die ist zwar leider vergeben und außerdem gerade auf dem Weg zu Ihrem Freund, bietet aber an, uns einfach mitzunehmen. Der Laden entpuppt sich leider als Schickimickitempel mit deutlichem Potential, unsere Reisekasse zu sprengen, so daß wir uns recht schnell verabschieden.

Wir stolpern ein paar hundert Meter weiter in einen Kellerraum, die Atmosphäre ist ganz schick, die Musik leider zu elektronisch, wir ergreifen also wieder die Flucht.
Kaum wieder ans Tageslicht, erblicke ich einen weißen Rock. Der Rock gehört zu einem blonden Mädel mit offensichtlich knackiger Figur, die gerade in ihrer Handtasche kramt. Ich beschleunige die Schritte etwas, lasse mir von Iuri sein Feuerzeug geben, sie kramt immer noch, und just in dem Moment, wo wir sie erreichen, hebt sie den Kopf und ich reiche ihr Feuer. Im nächsten Moment bin ich dann sehr perplex, als sie sich auf deutsch bedankt. Auf meine schwedische Rückfrage kommt nur auf deutsch "Ich hab Euch gehört..."
Es stellt sich heraus, daß sie einige Jahre in Deutschland gewohnt hat, beim HFT direkt um die Ecke. Auch sonst hat sie als Diplomatentochter schon sehr viel gesehen, Rußland und Lateinamerika waren auch dabei. Jetzt studiert sie Kunst und zieht Semester für Semester von einem Kontinent zum anderen.
Ihr deutsch ist etwas eingerostet, wir wechseln auf englisch, nur um festzustellen, daß wir ja beide französisch und spanisch sprechen, was ja viel interessanter ist. Englisch ist doch viel zu einfach... Mal spanisch, mal französisch parlierend flanieren wir durch das abendliche Stockholm.

Wir begleiten Sie bis nach Hause und verabscheiden uns. Erst einige Minuten später wird mir klar, was falsch gelaufen ist: ich habe keine Telephonnummer, keine emailadresse. So etwas ist mir noch nie passiert, daß ich sie nicht bekommen habe schon, aber daß mich eine Frau so in ihren Bann zieht, daß ich einfach vergesse, zu fragen, das ist neu.


Aus meinem Sinnieren werde ich durch das Aufbrüllen eines V8 geweckt. Ein mattschwarzer Buick mit gechopptem, mit weinrotem Kunstleder bezogenen Dach setzt sich an der Ampel in Bewegung.
Wir haben eine Prachtstraße erreicht - den Namen weiß ich nicht mehr genau, ich meine, es war die Kungsgatan, die wir intern Boulevard der exhibtionistischen Endrohre taufen. In der Abenddämmerung wird der normale Verkehr zunehmend durch Amischlitten, Supersportwagen oder getunte Autos ersetzt, deren Fahrer offensichtlich Spaß an der automobilen Fortbewegung haben. Vor einem Lokal steht eine schwarze, dem Klang und der Optik nach überhaupt nicht mehr originale Supra MK IV, um das Auto und den Besitzer drängt sich eine Traube Mädels, die man in diesem outfit auch direkt in Berlin auf den 17. Juni oder die Oranienburger stellen könnte.
Überhaupt die Frauen! Gibt es tagsüber schon fast nur hübsche Schwedinnen zu sehen, scheinen diese sich nachts dann auch noch so offenherzig zu kleiden, daß man meinen könnte, es wären alles Gewerbliche. Vielleicht liegt es daran, daß es in Schweden so gut wie keine Prostitution gibt, daß die Mädels sich das trauen.




Kurz nach Mitternacht rollen wir wieder los, um uns eine Übernachtungsmöglichkeit zu suchen. Schon bald haben wir Stockholm hinter uns gelassen und rollen Richtung Gävle.
Ich übersehe natürlich ein Schild, so daß wir etliche Kilometer doppelt fahren, um wieder zurück zu kommen. Zwischendurch verirren wir uns noch einmal in einer kleinen Ortschaft, die einzigen Menschen, denen wir begenen, sind ein angetrunkenes jugendliches Pärchen, daß uns aber auch nicht großartig weiterhelfen kann.
Irgendwann sind wir wieder auf unserer Hauptstraße. Wie fahren eine geschotterte Nebenstraße rein, stoßen auf eine Baustelle, wahrscheinlich für eine Umgehungsstraße, und fahren hinter den nächsten zwei Biegungen an den Straßenrand. Nicht optimal, aber einen besseren Nachtplatz dürften wir hier, in diesem verhältnismäßig dicht besiedelten Gebiet kaum finden.
 

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Von Ystad aus fahren wir an der Südküste entlang. Unser nächstes Ziel ist Ale Stenar, quasi ein Stonehenge en miniture. Niemand weiß, welchem Zweck es diente, aber die Steine sind Schiffsförmig angeordnet.

Hab auch kürzlich so eine Skepssättning (=Schiffssetzung) besucht. Sinn und Zweck, siehe hier.

super Wetter, schöne Fotos, aber warum sind die eigenltich alle schief ?

/To
 
Das mit dem Auswandern überelegst Du Dir aber bitte nochmal. Ich bitte um ausführliche Unterredung vorher... ;)

Als Reisemahl in Schweden statt Salami sehr zu empfehlen: Tubenkäse. Ist Schmierkäse aus der Tube und gibt, ein wenig Geschick vorausgesetzt, keine Sauerei.

Sozialistisches Land, das, oder ? Solch aufgespiesste Kampfflugzeuge hab ich sonst nur im ehemaligen Ostblock gesehen... ;)

/To
 
Keine Angst, das geht frühestens in 8 Jahren.
 
bis dahin bin ich vielleicht wieder ein bisschen nachgiebiger mit den Schweden ;)
/to
 
Vierter Tag, gegen 0400 Uhr.


Stimmen. Irgendetwas rüttelt an meiner Schulter. Ich blinzel durch den Mückenvorhang des Schlafsacküberzuges und sehe ein Gesicht, darüber eine dunkle Kappe mit einem Wappen. Polis?

Mein Schwedisch ist eigentlich nicht vorhanden. Ich kann hallo, bitte und danke sagen, an der Tankstelle bezahlen, etwas zu essen bestellen und Mädels anquatschen, also eigentlich alles, was man in einer fremden Sprache so braucht.
Mit zwei Stunden Schlaf, abrupt aus diesem gerissen, schwedische Polizisten zu verstehen, das ist da nicht vorgesehen.

Er will wohl die Papiere sehen, soviel verstehe ich - gut, kann er haben. Der zweite Polizist versucht derweilen, Iuri wachzubekommen, was ihm offensichtlich so gut gelingt wie mir am Tage zuvor.
Schließlich schafft er es, sammelt den Ausweis ein, läßt MD in seinen komatösen Dämmerzustand zurückfallen und geht mit den gesammelten Pieren zum Auto. Derweil versucht Polizist No.1, sich mit mir zu unterhalten, was sich aber angesichts meines Zustandes als recht schwierig entpuppt. Immerhin erfahre ich etwas von Deutschland und vier Toren, aber diese Information sinnvoll auszuwerten bin ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Lage.
Er möchte wissen, wo wir hinwollen, die Antwort, "einfach nur nach Norden, und dann sehen wir weiter" erstaunt ihn anscheinend nicht, Deutsche Touristen haben wohl öfters so komische Ideen.
So langsam habe ich meine grauen Zellen auch sortiert, und so bekomme ich dann auch etwas mit, als er erklärt, warum sie uns geweckt hätten: "Das Auto mit dem fremden Kennzeichen, eine Tür offen, und eine Gestalt hinter dem Auto in irgendwas eingewickelt - dazu die Baustelle in der Nähe, da haben wir schon gedacht, jetzt haben wir hier unseren ersten Kriminalfall!"

Polizist No.2 hat mittlerweile festgestellt, daß wir nicht nur nicht tot, sondern auch keine Verbrecher sind, und kommt mit den Papieren zurück.
Die beiden entschuldigen sich noch für die Unannehmlichkeiten, steigen in ihren Volvo und brausen davon. Davor gibt's aber noch nen Kompliment für den Zustand des Schlampenschleppers.

Ich wickel mich wieder in den Schlafsack und versuche der bestimmungsgemäßen Nutzung nachzugehen, was mir zunächst aber nicht wirklich gelingen will. Schließlich ist es draußen schon hell... und es wird von Minute zu Minute wärmer. So ein Unfug, eben stand ich noch schlotternd in der Kälte, und jetzt schwitz ich mich zu Tode.

Irgendwann kurz nach 6 beschließe ich, es reicht jetzt, das hat absolut keinen Sinn mehr. Frühstück fällt aus, wir setzen uns ins Auto und fahren erstmal los.
Wir finden auf die Autobahn, die mal zwei, mal 4, und zur Abwechslung auch mal dreispurig (insgesamt!) ist, und rollen weiter nach Norden. Die Reserve meldet sich, und so ist es ganz gut, daß wir tatsächlich an einer Abfahrt eine Tankstelle und einen MacDoof finden. Das Auto wird voll gemacht, wir machen uns notdürftig frisch, eine Dusche gibt es leider nicht.
Frühstück gönnen wir uns bei Mäckes, was uns zu der Entdeckung verhilft, daß die Globalisierung doch noch Nischen für die heimische Kultur bereithält, so kann man hier bei MacD z.B. Pfannkuchen (Eierkuchen, Blinze) bekommen. Wichtiger ist mir erstmal die Dosis Koffeein, währenddessen mache ich mich ans Rechnen. Der Stadtverkehr in Stockholm hat gut zugeschlagen, wir liegen bei 7,2 Litern.


Kurze Zeit später gönnen wir uns noch ein zweites Frühstück an einem Rastplatz.
Wir fahren durch eine riesige Seenlandschaft, teilweise schneidet die Straße auf dem Damm mitten durch das Wasser.

Langsam kommen wir wieder ans Meer, statt der Seen haben wir jetzt Fjorde, die aber zunächst einmal genauso aussehen.
Je weiter wir nach Norden kommen, desto welliger wird das Geländeprofil.

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Teilweise wirkt die Landschaft fast wie das Voralpenland, nur ohne Gletscher im Hintergrund, und im Tal statt der Wiesen ein Fjord. Leider habe ich von den beeindruckensten Stellen aus unerfindlichen Gründen keine Photos, also müßt Ihr Euch mit dieser Beschreibung zufriedengeben.
 

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Ungefähr auf "halber Höhe" zwischen Stockholm und Umeå biegen wir dann nach links ab und fahren geradeaus nach Norden ins Landesinnere.

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Hier erleben wir auch den ersten und einzigen Elch der Tour. Gemächlich trottet das Viech nach rechts in die Vegetation hinein, ich bringe den Wagen zum stehen, brülle "Kamera!", bekomme "Hmmm? -Hmm!" als Antwort, und bis MD die Kameratasche aus dem Beifahrerfußraum gefischt hat, ist das bullige Tier auch schon im Wald verschwunden.

Dieser Strom hier hat auch einen Namen, leider weiß ich ohne Atlas nicht mehr, ob es der Umeåälven oder der Liljeälven war, meine aber, es war der letztere:
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Ansonsten gibt es erstmal nichts, außer Rentieren, die gibt es reichlich. Die Viecher sind erstaunlich dreist, nutzen die Straßen zum schnelleren Vorwärtskommen oder auch einfach nur, um auf dem Asphalt ein Sonnenbad zu nehmen.

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Wir erreichen die nächstgrößere Stadt: Arvidsjaur. Schaut mal auf den Atlas, Arvidsjaur sieht darauf fast wie eine Metropole aus. Tatsächlich ist es aber ein Dorf. Wir tanken an einer der beiden Tankstellen, und gerade, als wir wieder auf die Straße rollen, kommt uns auf der anderen Straßenseite diese arme Heckflosse entgegen:

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Nachdem sie es bis zum Ende der Hauptstraße geschafft haben, drehen sie, um jetzt in der anderen Richtung die Magistrale herunterzucruisen.
Wir erfahren an einem Plakat, daß heute Examensdisko in der Stadthalle sei. offensichtlich bereitet die Dorfjugend sich schon gewissenhaft darauf vor.
Doch nur wenige Minuten später, es ist gerade 16 Uhr durch, gesellen sich in zu den alten Opel und Volvo und der abgerockten Heckflosse mehrere auf Hochglanz polierte Amischlitten, wahrscheinlich mit den Eltern. Und auch diese fahren die Straße hoch und runter...
Also gut, if you're in rome, do as the romans do, oder: was die können, können wir auch. Also den Schlampenschlepper gedreht und ins bunte Treiben gemischt, und dabei den turbo schön brabbeln und bollern lassen. Turbos scheinen in Schweden übrigens recht unbekannt zu sein, einmal haben wir bis jetzt einen gesehen, und das war auch nur ein softie. Vollturbos, und dann noch Geradschnauzer, scheint es höchstens in den Garagen irgendwelcher Liebhaber zu geben, aber nicht auf der Straße.

Alte Autos generell gibt es in Süd- und Mittelschweden nicht, und wenn, dann sind das übelste Rostlauben. Je weiter wir nach Norden kommen, um so mehr 900, 99 und vor allem Saab 90 sehen wir, noch weit übertrumpft von Volvos der 140er und 240ger Reihe. Ab und an gesellt sich sich auch tatsächlich ein /8 oder 123er dazu, aber noch sind sie in der Minderzahl.

Der Schwede an sich scheint Autos durchaus zu mögen, und je weiter man nach Norden kommt, umso intensiver scheint diese Beziehung zu werden.
Das Auto ist für den Schweden allerdings nicht der alleinige Zeitvertreib, auch das Kunsthandwerk ist hier zu einer hohen Stufe gelangt.
Besonders typisch für die Region sind kunstvolle Ornamente, die mit Hilfe hubraumstarker Hecktriebler in den Asphalt gebrannt werden:
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Solche Radierungen finden sich überall, in Nordschweden an jeder Straßenkreuzung oder Einmündung, im Süden immerhin noch in Nebenstraßen und Industriegebieten, wie wir auf der Rückreise feststellen sollten.
 

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Nörlich von Arvidsjaur kommt erstmal nichts, und zwar für mehrere Stunden.
Dann, kurz hinter Vajmat, das erste Teilziel unserer Expedition: der Polarkreis.

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Den Polarkreis haben sie mit weißen Steinen markiert, und mitten über den Kreis ein Café gebaut. Da es gegen 11 hr abends war, hatte es aber geschlossen. Überhaupt scheint mir fragwürdig, wo hier, mitten im Nichts, die Gäste herkommen sollten. Vielleicht baut man auf deutsche Touristen im Wohnmobil?

Zum sinnieren war keine Zeit, der Magen knurrte, und so wurde kurzerhand das Polarkreisdenkmal zur Küche umfunktioniert.

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Frisch gestärkt fahren wir weiter, und nur wenige Kilometer weiter machen wir an einem Stausee einen kurzen halt.

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Für ein paar hundert im Umkreis von etlichen Kilometern wohnende Menschen und wohl vor allem für die Rentiere hat man sich die Mühe gemacht, den Beton mit bunten Bildern zu verschönern.

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Wir steigen wieder ins Auto, der Kurs ist immer noch Norden, und so rollen wir weiter durch die Polarnacht, die so gar nicht Nacht sein will.



Noch eine Stunde, dann treffen wir auf einen großen, geschotterten Parkpklatz. Wir stellen den Wagen ab, und da ich keine Lust darauf habe, noch einmal unsanft geweckt zu werden, stellen wir uns diesmal geschickter an und ziehen weiter im Wald unter.
just in diesem Moment fängt es an, leicht zu regnen. Metalldetektor lernt, wie man aus einem flecktarnfarbenen Pocho ein Zeltsubstitut baut, das sich dazu noch unauffällig in die Natur einfügt, ich begnüge mich damit, Nässeschutzplane und Isomatte auf das dicke, fast 15 Centimeter hohe Moos zu legen und vertraue ansonsten darauf, daß meine schicke Schlafsackhülle den Schlafsack und mich schon trocken halten wird.
 
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