Na gut, dann mal für alle zum Nachlesen...

WI-JX900

SAAB-Kasper im Ruhestand
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Danke
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SAAB
900 I
Baujahr
1990
Turbo
FPT
Jetzt ist die Nacht eh verloren und der Tag danach auch - da kann ich auch gleich mal die Pflicht erledigen, und mich und meine beiden SAABs vorstellen.

Ersma ich: Ich heiße Christoph, von Beruf Journalist. 1967 bin ich in der Nähe von Karlsruhe geboren worden und da aufgewachsen. Ab 1986 habe ich in Köln studiert und bin (mit kurzen Unterbrechungen durch Bordeaux, Berlin und Los Angeles) 20 Jahre lang dort klebengeblieben. Seit Herbst 2006 wohne ich in Wiesbaden und arbeite in Mainz.

_____

EDIT Juli 2009: Inzwischen wohne ich wieder in Köln und arbeite in Düsseldorf.
_____

EDIT II Ende April 2010: Jetzt wohne ich wieder in Wiesbaden und arbeite wieder in Mainz...
_____

Und vor acht Jahren habe ich das Herz an den SAAB 900 verloren.

Jetzt die Autos: Bis zu meinem ersten SAAB musste ich mich gewaltig hochgearbeitet: Zwei Enten, zwei Fiat Uno (der letzte als Turbo i.e. - voll die Selbstmörderkiste...), drei Citroen CX, ein Fehlgriff namens Citroen ZX Turbo-D Aura, dann ein Volvo 850 T-5 Kombi (das einzige fabrikneue Auto, das ich je hatte). Dann wurde ich 1998 festangestellt, heißt: Ich stürzte gemessen an meinem früheren Dasein als freier Journalist in die Armut und musste den geleasten Volvo loswerden. Damit der Junge überhaupt ein Auto hat, hat meine Mutter mir dann ihr altes VW Golf I Cabrio gegeben, das jahrelang in der Garage stand, weil Mama einserseits nach einem halben Jahr mit dem Cabrio gemerkt hat, dass sie Cabrios nicht mag, andererseits sich aber nicht von dem Wagen trennen konnte.

Dieses Golf I Cabrio war nun leider der Tiefpunkt meines automobilen Lebens: Metallic-braun mit braunem Stoffverdeck und Sitzen mit braunen Kunstlederwangen und braun-beige gewürfelten Sitzbahnen. Schrecklich. Jedenfalls hat dieses Golf I Cabrio mir im Sommer 2000 einen riesigen Gefallen getan: Es ist einfach verreckt. Puff, aus, tot. Motor platt. Und damit hat es dem Weg zum SAAB geebnet.

Denn nach dem Tod des Golf I Cabrios wusste ich: Jetzt ist es Zeit für das Auto, das du immer schon haben wolltest - ein SAAB Cabrio. Und zwar das mit dem blubbernden Auspuff und dem lustigen, symmetrischen Scheibenwischerfeld.

(Exkurs I - kann übersprungen werden - zur Symmetrie: Ich bin aufgewachsen auf der nach hinten weisenden Rückbank eines Peugeot 504 Familiale und hatte deswegen immer die Front der Autos hinter uns im Blick. Und eingebrannt haben sich aus Gründen, die eines Tages Hirnforscher ermitteln mögen, zwei Modelle, die ein fast symmetrisches Wischerfeld hatten: Der Porsche 911 und der SAAB 99 bzw. 900.)

(Exkurs II - kann auch übersprungen werden - zum Blubbern: Ich saß im Sommer 1987 mit Kommilitonen in der Kölner Südstadt vor dem Mainzer Hof, einer netten Kneipe, beim Kölsch. Und plötzlich rollte durch die Seitenstraße, die am Mainzer Hof einmündet, ein tiefes, dumpfes MOMM-MOMM-MOMM-MOMM-MOMM. Und ein paar Sekunden später rollte ein SAAB 900 turbo Cabrio hinterher. Das war der Punkt, an dem ich wusste: Den Wagen musst du eines Tages haben.)

Zurück ins Jahr 2000: Im Juni hatte sich das Golf Cabrio von den Lebenden verabschiedet und ich begann damit, ein SAAB 900 Cabrio zu finden. Was allerdings schwieriger war, als ich dachte: Im Angebot waren damals im wesentlichen überteuerte Grotten mit schlecht reparierten Unfallschäden und undichten Dächern. Mit einem Freund, der was von Autos versteht (auch wenn er eigentlich auf Mercedes spezialisiert ist) habe ich gefühlte 10.000 Kilometer Deutschland hinter mich gebracht, um in Hamburg, Hannover, Siegen, Soest, Mannheim und München SAAB 900 Cabrios anzugucken - und nicht zu kaufen. Entweder waren die Kisten Schrott oder sie waren jenseits meines Budgets (10.000 Mark - es waren D-Mark-Zeiten...).

Und dann machte dieser Freund, der eigentlich auf Mercedes spezialisiert ist, mit seiner Freundin Urlaub in Italien. Und er rief mich aus Rom an:

"Hömma, wir haben da eben an der Ecke ein SAAB 900 Cabrio gesehen. Hat 'nen Zettel im Fenster: Baujahr 1990, Lack super, Verdeck naja, Leder, Klima, 155.000 Kilometer, umgerechnet 10.000 Mark..."

Meine Antwort: "Kaufen!!!"

Tja. Dass der Wagen weiß war, dass er mal einen schweren Heckschaden aber dafür keinen Katalysator hatte, dass die Klimaanlage nicht funktionierte und dass italienische Schrauber sich an der Elektrik vergriffen haben - das habe ich dann erst gemerkt, als die Kiste in Köln war. Und da war's dann zu spät.

(Abgesehen davon: Das Weiß ist ja heute Trendfarbe und mit dem schwarzen Verdeck und den anthrazitfarbenen Aero-Planken gehts ganz gut; der Heckschaden ist überraschend gut repariert; der fehlende Katalysator war vor der Erfindung der Umweltzone kein wirkliches Problem; die Klimaanlage fand ich im Cabrio eh albern; und die elektrischen Bugs, die die kleinen Italiener eingebaut hatten, ließen sich schnell beheben.)

Hauptsache war: Ich hatte ein SAAB 900 Cabrio. Und die Diskussionen mit der Zulassungsstelle waren auch nicht so schlimm, wie man es hätte erwarten können. Immerhin war der Wagen im Juli 1990 in Bonn ausgeliefert worden - als Diplomatenauto für einen Mitarbeiter der italienischen Botschaft, der sich das Cabrio als Goodie zum Ruhestand gegönnt und einige Monate später mit an seinen Alterssitz nach Rom genommen hat. (Deswegen auch kein Kat: 1990 konnte man den offensichtlich noch abbestellen und in Italien war der bleifreie Sprit nicht so weit verbreitet...)

Nach dem Winter 2000/2001 habe ich dann aber festgestellt: Eigentlich ist das Ding (trotz aller Schönheitsfehler) zu schade für Schnee und Salz. Deswegen habe ich im Herbst 2001 einem SAAB-Freund (nach meinen ersten beiden selbstorganisierten SAAB-Treffen in Köln und im Schwarzwald hatte ich tatsächlich sowas wie SAAB-Freunde, aus denen später dann echte Freunde geworden sind..) ein 900 turbo 16 Coupé des Baujahrs 1986 abgekauft. Für den Winter. Okay, die vorderen Radläufe waren durchgerostet und mit einer Masse gespachtelt, die irgendwie an Fimo erinnert hat, aber egal. Denn: Das Coupé war der perfekte Zwilling fürs Cabrio. Auch weiß, auch Aero-Planken, auch Aero-Felgen. Das hat gepasst.

So ging ich mit zwei weißen SAABs durchs Leben und alles hätte schön sein können - bis zu der Beziehungstrennung im Frühjahr 2003, deren Kosten mich fast erdrückt haben. Deswegen habe ich das Cabrio im August 2003 verkauft. Aber zum Glück habe ich es verkauft an freundliche Menschen, denen ich mit auf den Weg gab: "Wenn ihr den Wagen jemals loswerden wollt, ruft mich zuerst an..."

Und das war's mit dem Offenfahren. Ich hatte ja noch das weiße Coupé mit den Fimo-Radläufen. Reicht ja.

Nein, reicht nicht! Denn irgendwie war das weiße Coupé mit seinen Velourssitzen und seinen Rostradläufen auch ein Dokument der Armut...

Im Dezember 2003 tauchte bei mobile.de plötzlich ein Auto auf, an dem ich bis dahin jahrelang vorbeigefahren war, jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit: SAAB 900 turbo 16S, EZ 02/1991, lemansblau-metallic, Schiebedach, Leder, Holz, 225.000 Kilometer, Drittwagen. Die Anzeige erschien samstags, sonntags bin ich beim Nachbarn Probe gefahren, montags war es mein Auto: Erstbesitzerin war eine pensionierte Gynäkologin namens Dr. med. Müller aus Wuppertal, Geburtsjahrgang 1921, die sich den Wagen 1991 im zarten Lebensalter von 70 Jahren bestellt und zehn Jahre lang gefahren hatte. Zweitbesitzer war mein Nachbar, der den Wagen von Frau Dr. Müller 2001 gekauft und sich bei der Übernahme den Spruch angehört hat: "Und nicht dass Sie denken, ich hätte den gefahren wie eine alte Frau - ich weiß, dass der 220 kann..." (Frau Dr. Müller hat den SAAB 900 übrigens verkauft, weil sie sich dann 2001, also mit 80 Jahren auf dem Gynäkologinnenbuckel, noch 'nen 911er Porsche geholt hat.)

So, und seitdem hat der Lemansblaue mit mir 133.000 Kilometer abgeschrubbt (z.Zt. jobbedingt 40.000 im Jahr...), ohne wirklich auffällig zu werden. (Was zweifellos auch an der regelmäßigen Pflege und Durchsicht in Sankt Augustin und am Ölwechsel, der mit religiöser Inbrunst alle 10.000 Kilometer stattfindet, liegt.) Aber die Phantomschmerzen wegen des Cabrioverlusts waren nie ganz weg...

Und jetzt kommt der Kracher: Im Sommer dieses Jahres (also: 2008) riefen mich die freundlichen Menschen an, die im August 2003 das weiße Cabrio gekauft hatten, und fragten, ob ich es wiederhaben wolle - sie würden sich trennen. (Also: Vom Auto, keine Ehescheidung.) Und ich (keinen Pfennig übrig...) sagte: JA!

Tja, und so habe ich jetzt auch das Cabrio wieder, das schonmal meines war (und das seit Oktober 2008 auch einen Katalysator hat). In fünf Jahren sind nur 20.000 Kilometer dazugekommen und der Preis war sehr fair. Die Dame bei der Wiesbadener Zulassungsstelle war etwas erstaunt, als sie in die Papiere schaute, und fragte direkt: "Sagen Sie, hat der Ihnen schonmal gehört..?" Ja, hat er, gute Frau. :smile:

Des länglichen Textes kurzer Sinn: Zwei Autos mit erstaunlicher Geschichte sind mein Eigen. Ich habe in den acht Jahren seit dem ersten Kontakt mit SAAB wegen des/der Autos einige Menschen kennengelernt, die das Prädikat "Freund" im engeren Sinne verdienen. Und: Ich schaue die Autos einfach so gerne an. Diesen Sommer, unmittelbar nachdem ich das Cabrio zurück hatte, war Freund Herbert aus Kiel zu Besuch. Und wir haben uns in einer lauen Sommernacht mit 'ner feinen Flasche Wein und zwei feinen Rieslinggläsern auf die Gartenmauer gesetzt, Mucke angemacht und unsere Autos angeguckt wie doofe, kleine Junx und uns gefreut. Nein, wir haben sie nicht angeguckt, wir haben sie angeguckt und verherrlicht. Hach, das war toll. Sehr toll.

Danke, SAAB!

That's it.

*tränenderrührungausdemaugewisch*
 

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Jetzt ist die Nacht eh verloren und der Tag danach auch - da kann ich auch gleich mal die Pflicht erledigen, und mich und meine beiden SAABs vorstellen.

Des länglichen Textes kurzer Sinn: Zwei Autos mit erstaunlicher Geschichte sind mein Eigen. Ich habe in den acht Jahren seit dem ersten Kontakt mit SAAB wegen des/der Autos einige Menschen kennengelernt, die das Prädikat "Freund" im engeren Sinne verdienen. Und: Ich schaue die Autos einfach so gerne an. Diesen Sommer, unmittelbar nachdem ich das Cabrio zurück hatte, war Freund Herbert aus Kiel zu Besuch. Und wir haben uns in einer lauen Sommernacht mit 'ner feinen Flasche Wein und zwei feinen Rieslinggläsern auf die Gartenmauer gesetzt, Mucke angemacht und unsere Autos angeguckt wie doofe, kleine Junx und uns gefreut. Nein, wir haben sie nicht angeguckt, wir haben sie angeguckt und verherrlicht. Hach, das war toll. Sehr toll.

Danke, SAAB!

That's it.

*tränenderrührungausdemaugewisch*

Danke für die / Deine Geschichte
( danke für die Fleißarbeit - auch ohne Zeilenhonorar )
und der letzte Absatz gefällt mir als Abschluß gut, wobei, kein Abschluß sondern Sinnbild etc pp
und es geht weiter

sehr schön - dann:smile: genieß weiter, fetz Dich, träum, .........
 
Tolle Story! So richtig was zum Morgenkaffee trinken und schmökern.
So eine ähnliche Geschichte wie mit deinem CV hab ich auch erlebt. Ich hab meinen nicht wieder zurückgekauft.
Zu viel Arbeit und zu wenig Kohle dafür. Aber ich weiß wer ihn hat und der hält mich mit den Restaurationsarbeiten immer auf dem laufendem. Er ist in gute Hände gekommen. Und ich hab 'ne Träne im Knopfloch....
 
Freunde

Jetzt ist die Nacht eh verloren und der Tag danach auch - da kann ich auch gleich mal die Pflicht erledigen, und mich und meine beiden SAABs vorstellen.

Ersma ich: Ich heiße Christoph, von Beruf Journalist. 1967 bin ich in der Nähe von Karlsruhe geboren worden und da aufgewachsen. Ab 1986 habe ich in Köln studiert und bin (mit kurzen Unterbrechungen durch Bordeaux, Berlin und Los Angeles) 20 Jahre lang dort klebengeblieben. Seit Herbst 2006 wohne ich in Wiesbaden und arbeite in Mainz.

Und vor acht Jahren habe ich das Herz an den SAAB 900 verloren.

Jetzt die Autos: Bis zu meinem ersten SAAB musste ich mich gewaltig hochgearbeitet: Zwei Enten, zwei Fiat Uno (der letzte als Turbo i.e. - voll die Selbstmörderkiste...), drei Citroen CX, ein Fehlgriff namens Citroen ZX Turbo-D Aura, dann ein Volvo 850 T-5 Kombi (das einzige fabrikneue Auto, das ich je hatte). Dann wurde ich 1998 festangestellt, heißt: Ich stürzte gemessen an meinem früheren Dasein als freier Journalist in die Armut und musste den geleasten Volvo loswerden. Damit der Junge überhaupt ein Auto hat, hat meine Mutter mir dann ihr altes VW Golf I Cabrio gegeben, das jahrelang in der Garage stand, weil Mama einserseits nach einem halben Jahr mit dem Cabrio gemerkt hat, dass sie Cabrios nicht mag, andererseits sich aber nicht von dem Wagen trennen konnte.

Dieses Golf I Cabrio war nun leider der Tiefpunkt meines automobilen Lebens: Metallic-braun mit braunem Stoffverdeck und Sitzen mit braunen Kunstlederwangen und braun-beige gewürfelten Sitzbahnen. Schrecklich. Jedenfalls hat dieses Golf I Cabrio mir im Sommer 2000 einen riesigen Gefallen getan: Es ist einfach verreckt. Puff, aus, tot. Motor platt. Und damit hat es dem Weg zum SAAB geebnet.

Denn nach dem Tod des Golf I Cabrios wusste ich: Jetzt ist es Zeit für das Auto, das du immer schon haben wolltest - ein SAAB Cabrio. Und zwar das mit dem blubbernden Auspuff und dem lustigen, symmetrischen Scheibenwischerfeld.

(Exkurs I - kann übersprungen werden - zur Symmetrie: Ich bin aufgewachsen auf der nach hinten weisenden Rückbank eines Peugeot 504 Familiale und hatte deswegen immer die Front der Autos hinter uns im Blick. Und eingebrannt haben sich aus Gründen, die eines Tages Hirnforscher ermitteln mögen, zwei Modelle, die ein fast symmetrisches Wischerfeld hatten: Der Porsche 911 und der SAAB 99 bzw. 900.)

(Exkurs II - kann auch übersprungen werden - zum Blubbern: Ich saß im Sommer 1987 mit Kommilitonen in der Kölner Südstadt vor dem Mainzer Hof, einer netten Kneipe, beim Kölsch. Und plötzlich rollte durch die Seitenstraße, die am Mainzer Hof einmündet, ein tiefes, dumpfes MOMM-MOMM-MOMM-MOMM-MOMM. Und ein paar Sekunden später rollte ein SAAB 900 turbo Cabrio hinterher. Das war der Punkt, an dem ich wusste: Den Wagen musst du eines Tages haben.)

Zurück ins Jahr 2000: Im Juni hatte sich das Golf Cabrio von den Lebenden verabschiedet und ich begann damit, ein SAAB 900 Cabrio zu finden. Was allerdings schwieriger war, als ich dachte: Im Angebot waren damals im wesentlichen überteuerte Grotten mit schlecht reparierten Unfallschäden und undichten Dächern. Mit einem Freund, der was von Autos versteht (auch wenn er eigentlich auf Mercedes spezialisiert ist) habe ich gefühlte 10.000 Kilometer Deutschland hinter mich gebracht, um in Hamburg, Hannover, Siegen, Soest, Mannheim und München SAAB 900 Cabrios anzugucken - und nicht zu kaufen. Entweder waren die Kisten Schrott oder sie waren jenseits meines Budgets (10.000 Mark - es waren D-Mark-Zeiten...).

Und dann machte dieser Freund, der eigentlich auf Mercedes spezialisiert ist, mit seiner Freundin Urlaub in Italien. Und er rief mich aus Rom an:

"Hömma, wir haben da eben an der Ecke ein SAAB 900 Cabrio gesehen. Hat 'nen Zettel im Fenster: Baujahr 1990, Lack super, Verdeck naja, Leder, Klima, 155.000 Kilometer, umgerechnet 10.000 Mark..."

Meine Antwort: "Kaufen!!!"

Tja. Dass der Wagen weiß war, dass er mal einen schweren Heckschaden aber dafür keinen Katalysator hatte, dass die Klimaanlage nicht funktionierte und dass italienische Schrauber sich an der Elektrik vergriffen haben - das habe ich dann erst gemerkt, als die Kiste in Köln war. Und da war's dann zu spät.

(Abgesehen davon: Das Weiß ist ja heute Trendfarbe und mit dem schwarzen Verdeck und den anthrazitfarbenen Aero-Planken gehts ganz gut; der Heckschaden ist überraschend gut repariert; der fehlende Katalysator war vor der Erfindung der Umweltzone kein wirkliches Problem; die Klimaanlage fand ich im Cabrio eh albern; und die elektrischen Bugs, die die kleinen Italiener eingebaut hatten, ließen sich schnell beheben.)

Hauptsache war: Ich hatte ein SAAB 900 Cabrio. Und die Diskussionen mit der Zulassungsstelle waren auch nicht so schlimm, wie man es hätte erwarten können. Immerhin war der Wagen im Juli 1990 in Bonn ausgeliefert worden - als Diplomatenauto für einen Mitarbeiter der italienischen Botschaft, der sich das Cabrio als Goodie zum Ruhestand gegönnt und einige Monate später mit an seinen Alterssitz nach Rom genommen hat. (Deswegen auch kein Kat: 1990 konnte man den offensichtlich noch abbestellen und in Italien war der bleifreie Sprit nicht so weit verbreitet...)

Nach dem Winter 2000/2001 habe ich dann aber festgestellt: Eigentlich ist das Ding (trotz aller Schönheitsfehler) zu schade für Schnee und Salz. Deswegen habe ich im Herbst 2001 einem SAAB-Freund (nach meinen ersten beiden selbstorganisierten SAAB-Treffen in Köln und im Schwarzwald hatte ich tatsächlich sowas wie SAAB-Freunde, aus denen später dann echte Freunde geworden sind..) ein 900 turbo 16 Coupé des Baujahrs 1986 abgekauft. Für den Winter. Okay, die vorderen Radläufe waren durchgerostet und mit einer Masse gespachtelt, die irgendwie an Fimo erinnert hat, aber egal. Denn: Das Coupé war der perfekte Zwilling fürs Cabrio. Auch weiß, auch Aero-Planken, auch Aero-Felgen. Das hat gepasst.

So ging ich mit zwei weißen SAABs durchs Leben und alles hätte schön sein können - bis zu der Beziehungstrennung im Frühjahr 2003, deren Kosten mich fast erdrückt haben. Deswegen habe ich das Cabrio im August 2003 verkauft. Aber zum Glück habe ich es verkauft an freundliche Menschen, denen ich mit auf den Weg gab: "Wenn ihr den Wagen jemals loswerden wollt, ruft mich zuerst an..."

Und das war's mit dem Offenfahren. Ich hatte ja noch das weiße Coupé mit den Fimo-Radläufen. Reicht ja.

Nein, reicht nicht! Denn irgendwie war das weiße Coupé mit seinen Velourssitzen und seinen Rostradläufen auch ein Dokument der Armut...

Im Dezember 2003 tauchte bei mobile.de plötzlich ein Auto auf, an dem ich bis dahin jahrelang vorbeigefahren war, jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit: SAAB 900 turbo 16S, EZ 02/1991, lemansblau-metallic, Schiebedach, Leder, Holz, 225.000 Kilometer, Drittwagen. Die Anzeige erschien samstags, sonntags bin ich beim Nachbarn Probe gefahren, montags war es mein Auto: Erstbesitzerin war eine pensionierte Gynäkologin namens Dr. med. Müller aus Wuppertal, Geburtsjahrgang 1921, die sich den Wagen 1991 im zarten Lebensalter von 70 Jahren bestellt und zehn Jahre lang gefahren hatte. Zweitbesitzer war mein Nachbar, der den Wagen von Frau Dr. Müller 2001 gekauft und sich bei der Übernahme den Spruch angehört hat: "Und nicht dass Sie denken, ich hätte den gefahren wie eine alte Frau - ich weiß, dass der 220 kann..." (Frau Dr. Müller hat den SAAB 900 übrigens verkauft, weil sie sich dann 2001, also mit 80 Jahren auf dem Gynäkologinnenbuckel, noch 'nen 911er Porsche geholt hat.)

So, und seitdem hat der Lemansblaue mit mir 133.000 Kilometer abgeschrubbt (z.Zt. jobbedingt 40.000 im Jahr...), ohne wirklich auffällig zu werden. (Was zweifellos auch an der regelmäßigen Pflege und Durchsicht in Sankt Augustin und am Ölwechsel, der mit religiöser Inbrunst alle 10.000 Kilometer stattfindet, liegt.) Aber die Phantomschmerzen wegen des Cabrioverlusts waren nie ganz weg...

Und jetzt kommt der Kracher: Im Sommer dieses Jahres (also: 2008) riefen mich die freundlichen Menschen an, die im August 2003 das weiße Cabrio gekauft hatten, und fragten, ob ich es wiederhaben wolle - sie würden sich trennen. (Also: Vom Auto, keine Ehescheidung.) Und ich (keinen Pfennig übrig...) sagte: JA!

Tja, und so habe ich jetzt auch das Cabrio wieder, das schonmal meines war (und das seit Oktober 2008 auch einen Katalysator hat). In fünf Jahren sind nur 20.000 Kilometer dazugekommen und der Preis war sehr fair. Die Dame bei der Wiesbadener Zulassungsstelle war etwas erstaunt, als sie in die Papiere schaute, und fragte direkt: "Sagen Sie, hat der Ihnen schonmal gehört..?" Ja, hat er, gute Frau. :smile:

Des länglichen Textes kurzer Sinn: Zwei Autos mit erstaunlicher Geschichte sind mein Eigen. Ich habe in den acht Jahren seit dem ersten Kontakt mit SAAB wegen des/der Autos einige Menschen kennengelernt, die das Prädikat "Freund" im engeren Sinne verdienen. Und: Ich schaue die Autos einfach so gerne an. Diesen Sommer, unmittelbar nachdem ich das Cabrio zurück hatte, war Freund Herbert aus Kiel zu Besuch. Und wir haben uns in einer lauen Sommernacht mit 'ner feinen Flasche Wein und zwei feinen Rieslinggläsern auf die Gartenmauer gesetzt, Mucke angemacht und unsere Autos angeguckt wie doofe, kleine Junx und uns gefreut. Nein, wir haben sie nicht angeguckt, wir haben sie angeguckt und verherrlicht. Hach, das war toll. Sehr toll.

Danke, SAAB!

That's it.

*tränenderrührungausdemaugewisch*

Einfach sehr gut nachvollziehbar :smile:. Dieser Werdegang, so nenne ich es mal, wird dem einen oder anderen doch bekannt vorkommen, weil es selbst in der eigenen Erfahrung sich so abgespielt hat.
Es ist nicht unbedingt so, daß jeder Kauf eines Autos solche Auswirkungen hat, aber :
bei einem SAAB - egal welches aus der SAAB - Palette es auch sein mag, sind die Käufer einfach ganz andere Menschen, wie bei anderen Marken. Hilfsbereitschaft statt Neid, Freundlichkeiten gegenüber anderen Fahrern zukommen lassen , all diese Dinge sind hier wohl an der Tagesordnung. Man ist sich einfach gesagt gleich grün.
Wenn sich dann daraus noch zusätzlich eine echte Freundschaft ergibt, ist es doch wirklich sehr erfreulich.
Nun, ich denke, man vermutet als SAAB - Freund, daß die anderen SAAB - Fahrer auch so sind und ist deshalb schon einmal locker eingestellt auf die Mitmenschen.

Dann hoffe ich einmal, Dein SAAB - Fuhrpark bleibt Dir nun länger erhalten und die Freundschaft kann sich daran noch so manchen Abend auf der Mauer daran ergötzen.

Schön, wenn man auf so einen Werdegang mit Stolz und Freude blicken kann :smile:.

Trolligen Gruß

Detlef
 
Schöne Geschichte.

Weiterhin gute Fahrt!


PS: Das Holz in dem Blauen sieht sehr schick aus...
 
Sehr sehr schöne Geschichte. Aber, sind wir SAAB-Fahrer nicht irgendwie alle über kuriose Wege an unsere fahrbaren Untersätze gekommen? Respekt an Frau Dr. Müller - war/ist einfach gut drauf - wie fast alle Wuppertaler.

Gruß aus dem Tal
Nando
 
...das weisse Coupe war aber schon toll, wie sagte Ulf immer zu dem Wagen, eine Hure, aber eine schnelle Hure!

Liebe Grüße
Lars
 
Tolle Geschichte - Danke, so war die Mittagspause gerettet! :biggrin:
 
Sehr schöne Story. Ich finde es gut, wenn man wie du mal ein wenig weiter ausholt und ein paar Hintergründe erzählt. Ich bin ja erst zwei Jahre Saab-Fahrer, vielleicht kann ich in einigen Jahren auch auf eine gewisse Saab-Historie zurückblicken. So etwas ist jedenfalls das Salz in der eigenen automobilen Suppe.

Irgendwie bekomme ich den Drang, mein Golf I Cabrio auch endlich gegen ein 901 Cabrio einzutauschen. Na, ja, ein wenig Sparen muss noch sein, bin da konservativ und weniger risikobereit...
 
Ist ja ein richtiger Lebenslauf geworden.

Und dem Anlass entsprechend sogar mit Gross- und Kleinschreibung...:rolleyes:
Aber schön locker zu lesen.
 
...das weisse Coupe war aber schon toll, wie sagte Ulf immer zu dem Wagen, eine Hure, aber eine schnelle Hure!

in der tat: schnell war er. (bessere areodynamik durch appe radläufe? :biggrin:) und sparsam. ich erinnere mich an die anreise zum ersten kieler treffen, da hat der weiße trotz tempomat 160 im mittel unter 8 liter genommen.

was wurde aus dem auto eigentlich? zuletzt ist er wohl als ziemlicher murkshobel irgendwo bei paderborn aufgetaucht...
 
ja! - die Großbuchstaben sind das Beste
 
...er wird doch nicht auch schon in der Bucht teilweise verhökert worden sein ?:frown:


Nebenbei:
8ltr/100 km beim konstant Tacho 160 ist eine nette Geschichte.:rolleyes:
 
Sehr sehr schöne Geschichte. Aber, sind wir SAAB-Fahrer nicht irgendwie alle über kuriose Wege an unsere fahrbaren Untersätze gekommen? ....

Nöö, nicht alle.

Bei mir von Anfang an (Zwar mit Anfangsschmerzen...:tongue:)....
 
...der Weisse landet nach einiger Zeit wieder bei mir (Chr. du erinnerst dich, Nils hatte ihn eine Zeitlang), stand unbewegt hinten in der Scheune und ist dann in der Tat nach Paderborn, er soll angeblich wieder aufgebaut worden sein.
 
Wirklich schöne Geschichte, Christoph. Und schöne Autos, hab sie ja letztens in St. Augustin gesehen. Dich natürlich auch :)

Du bist in der Nähe von KA aufgewachsen ... ich auch, südlich von Hockenheim.

Un du?*

Gruß,
Volker


*badisch: un = und
 
waghäusel? wahnsinn!

das zentrum der badischen zuckerrübenindustrie... :cool:
 
waghäusel? wahnsinn!

das zentrum der badischen zuckerrübenindustrie... :cool:

Dachte immer das wäre Eppingen im Kraichgau, dreckig genug sind die Strassen rundum zur Erntezeit jedenfalls.

(tschuldige Christoph, aber es ist ja Dein Fred)
 
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